Träume sind gren­zenlos

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Foto: Alisa Sterkel
Als High­light des Unicef Youth Festival findet am Sams­tag­nach­mittag eine öffent­lich­keits­wirk­same Aktion auf dem Körner­platz in Nürn­berg statt. Dabei werden Träume von Kindern in Syrien, mit denen der vorbei­ge­henden Passanten verbunden. Gegen Frem­den­hass und für ein brei­teres Bewusst­sein wird gesprayt, mit Brezel Verkäu­fern disku­tiert und lange auf einem Fleck gestanden.

Das High­light des Unicef Youth Festival? Eine Aktion auf dem Korn­markt in Nürn­berg. Dabei werden Träume von Kindern in Syrien, mit denen der vorbei­ge­henden Passanten verbunden. Gegen Frem­den­hass und für ein brei­teres Bewusst­sein wird gesprayt, mit Brezel-Verkäu­fe­rinnen und ‑Verkäu­fern disku­tiert und lange auf einem Fleck gestanden. Vor allem aber hofft man, dass es nicht anfängt zu regnen. Samira El Hattab berichtet über ein etwas anderes Event bei dem Gesicht – oder in diesem Falle Pixel – gezeigt wird.

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Junge Engagierte erstellen ein Gif /Foto: Alisa Sterkel

Jetzt die 24, ja sieht gut aus, einen Moment noch, einen kleinen Momen…Hände in die Höhe?! Ihr schafft das! Klasse! Die 25 bitte“. Was Passanten an einem schwülen Sams­tag­nach­mittag in Nürn­bergs Innen­stadt beob­achten, könnte wie eine abwe­gige, sehr falsche Form einer Auktion verstanden werden. Dabei handelt es sich bei dem stetigen Rufen von Zahlen, um eine neue Aufmerk­sam­keit schaf­fende Aktion von Unicef. Ein Gif soll entstehen. Ja genau Gifs, diese kleinen sich bewe­genden Bild­chen, die man von Insta­gram kennt. Eines soll jetzt analog kreiert werden. Die Street Art Gruppe 3steps“ aus Gießen, hat sich dafür bereits am frühen Morgen im dunklen Nürn­berg aufge­baut. In Zenti­meter Maßen zeichnen sie ein Rechteck auf den Asphalt, das genau auf die Teil­neh­mer­zahl des Youth Festi­vals zuge­schnitten ist. Jedes einzelne Pixel des Gifs ist dabei mit verschie­denen Posi­tionen im Rechteck gekenn­zeichnet, die später Enga­gierte einnehmen. Nach Aufrufen einer Nummer soll dann eine farbige Pappe in die Höhe gehalten werden, die auf persön­li­chen Platz­karten einer jewei­ligen Zahl zuge­teilt ist. Wenn Kai Krieger von 3 Steps also 25“ ruft, dann hält jeder der Jugend­li­chen eine andere Pappe in die Luft, die gemeinsam ein Bild formen. Das Ganze wird von einem Kran aus der Höhe gefilmt und später zu einem Gif zusam­men­ge­schnitten. Die Aktion sieht zwar unge­fähr so kompli­ziert aus, wie sie sich beschreiben lässt, die Planung des krea­tiven Kollek­tivs geht jedoch auf.

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#träumesindgrenzenlos /Foto: Alisa Sterkel

Bitte bloß keinen Regen

Zwischen­durch wird nur skep­tisch in einen sich zuneh­mend dunkel­grau färbenden Himmel geschaut. Regen könnte die komplette Perfor­mance und auch die weitere Tages­pla­nung ruinieren. Denn außer dem Erstellen des Gifs, sollen noch T‑shirts und Plakate mit bunten Traum Logos besprüht werden, die dann an einer Wäsche­leine ange­bracht, eine Traum­kette bilden. Die Kampagne #träu­me­s­ind­gren­zenlos steht den ganzen Tag im Fokus. Schnell hört man laute Musik aus Blue­tooth Boxen, die oft im fröh­li­chen Lachen der jungen Leute unter­geht. Offen­sicht­lich haben sie Spaß an den Akti­vi­täten. Noch mehr Bewe­gung kommt ins Spiel, als dann tatsäch­lich Passanten mit einbe­zogen werden. Um die Scheu vor dem ersten Kontakt zu nehmen, wird die Traum­be­fra­gung zu einem Wett­be­werb. Wer nach zwanzig Minuten mit den meisten Traum­karten zurück kommt, hat gewonnen.

Die grauen Herren

Die Ersten rennen aufge­regt los, um dann schnell von der Realität ausge­bremst zu werden. Auffällig viele Leute sind auf einmal super beschäf­tigt, müssen Züge bekommen oder haben gar, aber auch wirk­lich gar keine Zeit. Liegt es an den blauen Shirts, auf denen groß und weiß das Unicef Logo pran­gert? Einige rufen schon von Weiten Dinge wie Ich spende schon genug“, oder lasst mich bloß in Ruhe“. Aber wir wollen doch wirk­lich nur wissen wovon ihr träumt“, erwi­dert Melina Rozehkhan einmal. Er besäße keine Träume antwortet ein anderer Passant stoisch. Kurz fühlt man sich in Micheals Ende’s Meis­ter­werk Momo hinein­ver­setzt, indem die grauen, zeit­spa­renden Männer, mit ihren Akten­kof­fern und Ziga­ret­ten­stum­meln die Welt beherr­schen. Melina trifft aber auch viele Menschen, die bereit­willig ihre Träume teilen und sich über die Aktion freuen. Dabei nutzen einige das Gespräch, mit den Unicef Enga­gierten, direkt als Anlass für ein poli­ti­sches oder reli­giöses State­ment. Wie ein mittel­alter Brezel­ver­käufer, mit dem Melina eine leiden­schaft­liche Debatte über Nächs­ten­liebe und korrupte Hilfs­or­ga­ni­sa­tionen führt. Oder zwei Zeugen Jehovas, die klug ein paar Bibel Verse in die Unter­hal­tung fädeln. Gottes Para­dies werde kommen. Amen. Bis das soweit ist kommen­tiert Melina die Gespräche mit den Bewoh­nern Nürn­bergs, als sinn­voll und lehrend. Am Ende gehe es immer um die Kinder, die nicht in der Lage sind diese Leute zu treffen und solche wich­tigen Unter­hal­tungen zu führen. Deshalb sei es gerade so wichtig, dass man sich enga­giere und seine Stimme für Kinder erhebe. Regnen wird es den gesamten Nach­mittag nicht mehr, das Unwetter zieht knapp am Korn­markt vorbei. Ob das dem Opti­mismus der rund 180 Enga­gierten geschuldet ist, oder doch die Erfül­lung einer der Traum­karten war, bleibt ein Geheimnis. Nach diesem Tag mit Unicefs Jugend scheint jedoch auch das möglich. Denn Träume sind nicht nur gren­zenlos, sondern auch mächtig.


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