Ein Wech­selbad der Gefühle

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/Foto: Unicef Deutschland/Ninja Charbonneau

Ninja Char­bon­neau ist Pres­se­spre­cherin von Unicef Deutsch­land. Im letzten Herbst reiste sie mit Geschäfts­führer Chris­tian Schneider nach Syrien, um sich einen Eindruck von der Unicef Arbeit in dem Bürger­kriegs­land zu machen und neue Botschaften mit nach Deutsch­land zu nehmen. Manche erschüt­ternd, andere hoff­nungs­voll. Samira El Hattab spricht mit ihr über ihre Erleb­nisse.

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Christian Schneider und Ninja Charbonneau sprechen mit Zivilisten/ Foto: Unicef Deutschland/Ninja Charbonneau

Was verbindet ihr mit Syrien?“, fragt Ninja Char­bon­neau freund­lich lächelnd zu Beginn in die Runde. Alle denken das gleiche, niemand traut sich es auszu­spre­chen. An Krieg“, erwi­dert eine junge Teil­neh­merin nach einer gefühlten, kleinen Ewig­keit, schüch­tern. Sie versucht sich zu erklären. Seit sieben Jahren herrscht dort Gewalt. Ich bin fünf­zehn, ich weiß, dass Syrien mal eine schöne, kultur­eiche Stadt war, doch bewusst kenne ich nur den Konflikt.“ Alle nicken zustim­mend, jeder scheint nach­denk­lich. Char­bon­neau wird in diesem Work­shop über schöne und schreck­liche Schick­sale spre­chen, über über­ra­schende Erfah­rungen in Damaskus, Aleppo und Homs, die Hilfe die Unicef für die Kinder leistet und den Mut, dem sie wieder­ho­lend begegnet. Immer wieder spricht sie von einem Wech­selbad der Gefühle. Warum?

Frau Char­bon­neau, Sie haben inten­sive Tage in Städten verbracht, in denen bis vor Kurzem noch Krieg herrschte? Was sind ihre Eindrücke von den Menschen, aber auch den Städten selbst?

Erst einmal ist es ziem­lich surreal an den ganzen Trüm­mern vorbei zu fahren. Man kennt diese Bilder zwar aus den Nach­richten, doch es ist noch etwas ganz anderes diese tatsäch­lich selbst zu sehen. Dann ist es nämlich nicht inner­halb von ein paar Sekunden vorbei, sondern zieht sich über Minuten und Minuten. Außerdem fand ich es ziem­lich inter­es­sant, dass auch in im Westen Damaskus, dem Teil, der immer von der Regie­rung besetzt war, Restau­rants offen sind, Menschen ausgehen, tanzen gehen. Mit solchen Bildern rechnet man nicht, gleich­zeitig zeigt es auch wieder diesen unheim­li­chen Mut der Leute in Syrien, sie lassen sich nicht unter­kriegen.

Sie spre­chen den Mut der Menschen an. Was waren andere berüh­rende Momente, die sie in den Flücht­lings­camps, in der Stadt erlebt haben?

Ich habe viele unfass­bare Geschichten gehört. Ein junger Mann musste miter­leben wie seine Lieb­lings­leh­rerin, vor seinen Augen Opfer einer Bomben­at­tacke auf die Schule wurde. Er über­lebte, doch sein bester Freund starb. Unvor­stellbar. Das dieser Junge mit Hilfe von Unicef sein Trauma über­wunden hat, jetzt wieder eine Schule besucht und davon träumt Arzt zu werden, berührt einen sehr. Unicef ist es wichtig, dass vor allem das Besu­chen der Schule, zu einer der höchsten Prio­ri­täten wird. Damit die Schüler wieder einen gere­gelten Tages­ab­lauf erfahren und mit anderen Kindern spielen können. Kind sein dürfen, auch wenn das unter diesen Umständen alles andere als leicht ist.

Auf vielen Ihrer Bilder sind Unicef Zeichen im Hinter­grund zu sehen. An die Wand gesprüht, auf Wasser­hähnen oder ähnli­chem. Wie viel Geld wird für Marke­ting Zwecke ausge­geben? Wie nötig sind solche Ausgaben?

Die Unicef Zeichen sind oft an Schulen gesprüht, es dient als Sicher­heit! So wird symbo­li­siert: Hier sind Kinder, hier wird geholfen. Das schützt! Leider nicht 100%, aber häufig; wurde uns berichtet, als auch wir uns über die wieder­holt vorkom­menden Logos auf Wänden wunderten. Dann sind die Ausgaben Unicefs für alle öffent­lich einsehbar. Es ist kein Geheimnis für was wir Geld ausgeben. Dabei gilt jedoch, dass rund achtzig Prozent der Gelder gespendet werden und in die Projekte gehen, während 18,5 % in Orga­ni­sa­to­ri­sches fließt. Darin, dass wir alle hier unseren Job machen können, dass wir Menschen hier in Deutsch­land erfolg­reich enga­gieren. Ein sehr wich­tiger Teil unserer Arbeit.

Warum spre­chen Sie im Laufe Ihres Vortrages häufig von einem Wech­selbad der Gefühle?

Weil es genau das ist! Ein Hoch und Runter der Gefühle. Wie zum Beispiel das Erlebnis von dem ich erzählt habe. Wie schreck­lich ist es, dass jemand seine Lieb­lings­leh­rerin und seinen besten Freund gleich­zeitig in der Schule verliert. Ein Ort, der Sicher­heit und Spaß am Lernen sugge­rieren soll. Das muss man auch erst einmal verar­beiten. Wir haben auf der Reise viel mit Leuten geweint, die uns ihre Geschichten anver­traut haben. Dann wiederum begegnet man einen so lebens­be­ja­henden Jungen, der seine Angst zur Schule nicht nur über­wunden hat, sondern sogar eine akade­mi­sche Lauf­bahn anstrebt. Dann lacht man auch wieder zusammen. Es war eine sehr inten­sive Reise, aus der ich eines gerne mitgeben würde: Die Kinder in Syrien wollen nicht vergessen werden, es bedeutet ihnen sehr viel, dass sich so viele junge Leute für ihre Sicher­heit enga­gieren. Dieses Enga­ge­ment darf nicht stoppen. Der Krieg in Syrien ist noch nicht vorbei.

Vielen Dank für das Gespräch, Ninja Char­bon­neau.


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