Presse und Kunst gehören nicht in die Obhut des Staates“

Datum
08. Mai 2018
Autor*in
Lennart Glaser
Redaktion
politikorange
Thema
#pressefreiheit18
Baselitz

Baselitz

Foto: Jugendpresse Deutschland

Georg Base­litz liefert für deut­sche Medien ein Motiv zum Tag der Pres­se­frei­heit: eine stür­zende Frau in hellen Farben. Lennart Glaser und Sascha Kemper haben Passan­tinnen und Passanten in Berlin befragt, was sie mit dem Bild anfangen können.

Aufmerk­samen Print­le­senden dürfte es am 3. Mai 2018 nicht entgangen sein: Bereits im dritten Jahr in Folge haben Zeitungen in ganz Deutsch­land im Rahmen des Inter­na­tio­nalen Tags der Pres­se­frei­heit auf eine ganz beson­dere Art auf das Thema Frei­heit der Medien und der Presse aufmerksam gemacht. Auf eine Initia­tive des Bundes­ver­bands Deut­scher Zeitungs­ver­leger (BDZV) hin druckten viele Blätter – von der Südwest Presse bis zur Nordsee-Zeitung – auf ihren Titel­seiten das Werk Frau am Abgrund“ des deut­schen Malers und Bild­hauers Georg Base­litz ab, der sein 1998 erschaf­fenes Kunst­werk für diesen Zweck zur Verfü­gung stellte. Base­litz folgt damit dem Beispiel Yoko Onos und Ai Weiweis, die im vergan­genen Jahr und 2016 als Stif­tende von Bildern für die Aktion fungierten.

Auf dem Bild sieht man eine Frau­en­ge­stalt kopf­über auf blauem Hinter­grund und deren Schatten, der von ihren Füßen aus rechts ins Bild ragt. Ange­lehnt ist das Bild an Caspar David Fried­richs Frau mit Raben am Abgrund“, erkennbar an den Initialen Fried­richs, die Base­litz vor seiner eigenen Signatur verewigt hat. Dass Frau am Abgrund“ ein frühes Werk Base­litz‘ ist, zeigt die Tatsache, dass die abge­bil­dete Gestalt stür­zend darge­stellt ist. Genau das führt aber zu einem inter­pre­ta­to­ri­schen Para­doxon: Obwohl das Motiv und der Titel Drama­ti­sches trans­por­tieren, wirkt das Bild durch die bunte Farb­ge­bung positiv, ja bisweilen sogar fröh­lich.

Genau das löste bei einigen Passan­tinnen und Passanten, denen wir Fragen zu dem Bild gestellt hatten, Irri­ta­tionen aus. Weder eine Asso­zia­tion zum Titel, geschweige denn eine Quer­ver­bin­dung zum Thema Pres­se­frei­heit könne sie herstellen, sagte eine der Befragten. Sie verbinde mit dem Bild eher etwas Posi­tives. Anderen Personen fiel es sogar schwer, allge­meine Ideen zu dem Bild zu formu­lieren.

Nach Angaben des BDZV möchte Georg Base­litz selbst aber gar keine Inter­pre­ta­tion seines Werks vorgeben, er über­lässt diese Aufgabe den betrach­tenden Personen selbst. Ange­sichts der aktu­ellen MeToo“-Debatte fiel diese Asso­zia­tion im Gespräch mit den Passanten und Passan­tinnen häufig: Das Bild zeige die Benach­tei­li­gungen und Schwie­rig­keiten von Frauen im Jour­na­lismus auf.

Eine Person zog eine Paral­lele zwischen Kunst- und Pres­se­frei­heit, die sie in Base­litz Werk vermu­tete. Beide seien für eine Gesell­schaft unver­zichtbar und müssten vor Einschrän­kungen und Repres­sion geschützt werden. In einem Zitat Base­litz‘, das den Tages­zei­tungen gemeinsam mit dem Bild zur Verfü­gung gestellt wurde, spricht er genau diese Thematik an: Presse und Kunst gehören nicht in die Obhut des Staates. Wer anderes propa­giert, manö­vriert die freie Gesell­schaft ins Verderben.“

Ähnlich formu­liert es der Haupt­ge­schäfts­führer des BDZV, Dietmar Wolff. Er mahnt, der Schutz der Meinungs- und Pres­se­frei­heit sei nicht Sache der Medien allein, sondern der Gesell­schaft insge­samt. Wir können die Vertei­di­gung dieses wunder­baren, demo­kra­tie­stif­tenden Rechts auf Meinungs- und Pres­se­frei­heit nicht dele­gieren, nicht an Jour­na­listen und auch nicht an den Staat.“


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