Jetzt mal Real­talk“ auf der YouMeCon | kompakt 2025 in Dresden

Datum
18. November 2025
Autor*in
Antonia Bischoff
Redaktion
politikorange
Thema
#YouMeCon kompakt
YouMeCon | kompakt 2025

YouMeCon | kompakt 2025

Foto: Jugendpresse Deutschland / Ella Seeger 

Vermehrte Einschüch­te­rungen, wach­sende Pola­ri­sie­rung, wirt­schaft­li­cher Druck – wie frei können Journalist*innen heute eigent­lich noch berichten? 
Vom 7. bis 9. November trafen 60 junge Medi­en­in­ter­es­sierte auf der YouMeCon | kompakt in Dresden auf Journalist*innen und Medienexpert*innen und gingen unter dem Motto Jetzt mal Real­talk: Pres­se­frei­heit“ dem aktu­ellen Stand der Pres­se­frei­heit auf die Spur. 

Zustimmung im Publikum auf dem Kick-Off Panel der YouMeCon | kompakt 2025

Zustimmung im Publikum auf dem Kick-Off Panel der YouMeCon | kompakt 2025

Foto: Jugendpresse Deutschland / @ellasophiasee

Im Verlauf der drei Veran­stal­tungs­tage wurde deut­lich: Pres­se­frei­heit ist nicht selbst­ver­ständ­lich. Doch was kann und muss getan werden, um sie zu stärken? Diese Frage stellte sich immer wieder. Mit den Antworten und dem Input der anwe­senden Medienexpert*innen und Journalist*innen versuchten die Teil­neh­menden, eigene Ansätze zu finden. Wie verschieden die Antworten sein können, lassen die viel­fäl­tigen Programm­punkte der YouMeCon | kompakt und die breit­ge­fä­cherten Berufs­felder und Hinter­gründe der Referent*innen erahnen. 

Das politikorange-Dokuteam hat die Veranstaltung auf den Social-Media-Kanälen der Jugendpresse begleitet. Foto: Jugendpresse Deutschland / Ella Seeger

Das politikorange-Dokuteam hat die Veranstaltung auf den Social-Media-Kanälen der Jugendpresse begleitet. Foto: Jugendpresse Deutschland / Ella Seeger

Foto: Jugendpresse Deutschland / @ellasophiasee   

Praxis-Input auf den Medi­en­touren 

Ohne Pres­se­frei­heit könnten wir unsere Arbeit nicht machen, sie ist die Grund­lage all dessen, was wir hier tun“, sagt MDR-Botschafter Nico Nickel auf der Medi­en­tour durchs Landes­studio Sachsen des Mittel­deut­schen Rund­funks (MDR) und leitet damit in das Thema des YouMeCon-Wochen­endes ein. 
Die Teilnehmer*innen konnten sich am Frei­tag­nach­mittag für eine von drei Medi­en­touren entscheiden. In den Produk­ti­ons­räumen des MDR lernten sie, wie lokale Fern­seh­bei­träge entstehen und Themen ausge­wählt werden. Bei der Säch­si­schen Zeitung (SZ) tauschten sich die jungen Nachwuchsjournalist*innen mit erfah­renen Redakteur*innen aus. Zur Rele­vanz des Lokal­jour­na­lismus und zum Zeitungs­sterben sagt Max Helm, Mitglied der Chef­re­dak­tion der SZ: Gerade in länd­li­chen Regionen sind Lokal­zei­tungen oft die einzigen, die noch da sind, um Leute zu infor­mieren und über lokale Ereig­nisse zu berichten. Das muss geschützt werden.“ Freie und unab­hän­gige Bericht­erstat­tung ist keine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Wie die Staats­si­cher­heit in der DDR die Meinungs­äu­ße­rung und Bericht­erstat­tung über­wachte, einschränkte und in diese eingriff, erfuhren die Teilnehmer*innen auf der Medi­en­tour durch das Dresdner Stasi-Unter­lagen-Archiv. Hier bekamen sie Einblicke hinter die Türen, hinter denen Geheim­nisse liegen, die jahre­lang niemand lesen durfte. 

Grenzen jour­na­lis­ti­scher Frei­heit im Redak­ti­ons­alltag – Das Kick-Off Panel 

In der heutigen Zeit, in der jede*r publi­zieren kann, ist das Thema Pres­se­frei­heit präsenter denn je. Auf dem Auftakt-Panel am Frei­tag­abend disku­tierten Philipp Blanke (Deut­scher Jour­na­lis­ten­ver­band), Maren Schuster (Medi­en­wis­sen­schaft­lerin MLU Halle), Luisa Zenker (Säch­si­sche Zeitung) und Anne Lena Mösken (stellv. Chef­re­dak­teurin der Freien Presse) aktu­elle Span­nungs­felder des Jour­na­lismus. Im Zentrum stand dabei die Lage der Pres­se­frei­heit: Wie können Journalist*innen und Redak­tionen dem Anspruch gerecht werden, unter wirt­schaft­li­chem Druck, digi­talen Algo­rithmen, wach­sender Pola­ri­sie­rung, und der eigenen Haltung, unab­hängig zu berichten? Unter der Mode­ra­tion von Dennis Belt­chikov beleuch­teten die Gäste im pinken Hörsaal des Hygie­ne­mu­seums ihre unter­schied­li­chen Perspek­tiven zu verschie­denen Thesen, denen auch die Teil­neh­menden im Publikum mit farbigen Meinungs­kärt­chen zustimmen konnten. Abschlie­ßend beant­wor­teten die vier Referent*innen auch Publi­kums­fragen, beispiels­weise zum tatsäch­li­chen Nutzen jour­na­lis­ti­scher Fakten­checks in Live-Sendungen, aber auch dazu, wie frei Journalist*innen arbeiten und wie objektiv jede*r Einzelne berichten kann. Jeder hat eine Brille auf, durch die er die Welt sieht und durch die er Dinge erklärt“, veran­schau­licht Maren Schuster die Erklä­rung der subjek­tiven Kompo­nenten, die in eigenen jour­na­lis­ti­schen Arbeiten nie voll­ständig abge­legt werden könnten. Auch die Aufgabe des Jour­na­lismus zwischen Auftrag und Akti­vismus wurde auf der Bühne disku­tiert. Was aber gefährdet Pres­se­frei­heit in diesen Zeiten am meisten und wie kann man sie wieder stärken? Die größte Gefahr für die Pres­se­frei­heit“, sagt Philipp Blanke, ist, sie für selbst­ver­ständ­lich zu erachten.“ Als ein Grund­pfeiler der Demo­kratie, sei Pres­se­frei­heit ein Gut, das jeden Tag neu vertei­digt werden müsse. 

Intensivworkshop zur investigativen Recherche mit Eva Hoffmann.

Intensivworkshop zur investigativen Recherche mit Eva Hoffmann.

 Foto: Jugendpresse Deutschland / @ellasophiasee

Pflichten und Chancen jour­na­lis­ti­scher Arbeit – Die Intensiv- und Kompakt­work­shops 

Dass auf der YouMeCon | kompakt nicht nur über Pres­se­frei­heit gespro­chen, sondern das Thema prak­tisch greifbar gemacht wurde, zeigten vor allem die Inten­siv­work­shops am Samstag. 
Im Crash­kurs inves­ti­ga­tive Recherche“ teilte Eva Hoff­mann ihre Erfah­rungen als freie Inves­ti­ga­ti­v­jour­na­listin. Im Work­shop lernten die Teil­neh­menden, Recher­che­tools, den Umgang mit Quellen und das Sichern von Mate­rial bis zur Umset­zung, Finan­zie­rung und Verbrei­tung aufwen­diger inves­ti­ga­tiver Geschichten kennen und konnten an eigenen inves­ti­ga­tiven Recher­chen arbeiten. Für mich persön­lich war das eine gute Bestä­ti­gung, dass es als junge jour­na­lis­ti­sche Person wichtig ist, diese Arbeit zu machen und dass man damit tatsäch­lich etwas verän­dern und bewegen kann, indem man zum Beispiel Miss­stände aufdeckt“, sagt einer der Teil­neh­menden am Ende des Work­shops. Eva Hoff­mann, die Teil des Selbst­laut-Kollek­tivs, ein Zusam­men­schluss aus freien Investigativ-Journalist*innen, ist, gibt den Nachwuchsjournalist*innen mit auf den Weg, sich unter­ein­ander zu vernetzen und zusammen zu schließen. 

Neugierig zu bleiben und Fragen zu stellen, rät Katrin Funke allen Anwe­senden. Sie selbst arbeitet seit über 25 Jahren als Jour­na­listin und Repor­terin beim Fern­sehen. In ihrem Work­shop Von der Kunst zu fragen – das Inter­view“ gab sie den Teil­neh­menden Tech­niken des Fragen­stel­lens mit an die Hand, die diese sofort umsetzen konnten. Mit dem Lokal­po­li­tiker Matthias Berger wurde der Work­shop­raum zu einer Pres­se­kon­fe­renz, auf der die jungen Medi­en­in­ter­es­sierten die Inter­views führten. Spontan auf ein Thema einzu­gehen und gute Fragen zu stellen, holte viele der Teilnehmer*innen aus ihrer Komfort­zone raus. Mit Katrin Funkes Tipps und Tricks gelang es aber, aus den Inter­view­si­tua­tionen inhalts­reiche Antworten zu erzielen und sicherer im Fragen­stellen genauso wie im Zuhören zu werden. 

Unter dem Titel Pres­se­frei­heit – mehr als eine Story“ begann der dritte Work­shop am Sams­tag­morgen mit der freien Jour­na­listin Laura Meng und einer Sonder­füh­rung zum Thema Frei­heit“ im Hygie­ne­mu­seum. Auf die Frage, was Frei­heit heute bedeutet und wie in Bürger­rechts­be­we­gungen dafür gekämpft wurde, bot die Ausstel­lung Raum für Antworten und eine anschlie­ßende Diskus­si­ons­runde. Über die Bildungs­in­itia­tive Spreu­weizen lernten die Work­shop­teil­neh­menden am Nach­mittag den afgha­ni­schen Exil­jour­na­listen Mohammad Zaker Noory kennen, der erlebt hat, was es für die Gesell­schaft und die eigene Arbeit bedeutet, wenn Medi­en­schaf­fenden Verfol­gung und Verhaf­tung droht. Es war beson­ders inter­es­sant, die persön­liche Geschichte zu hören und den Menschen dahinter kennen­lernen zu dürfen“, sagt eine der Teil­neh­me­rinnen. Über die Pres­se­frei­heits­or­ga­ni­sa­tion Reporter ohne Grenzen wurde Mohammad Zaker Noory nach der Macht­über­nahme der Taliban im Jahr 2021 eine sichere Ausreise nach Deutsch­land ermög­licht. Wie Nachwuchsjournalist*innen mit Nach­rich­ten­mü­dig­keit und sinkendem Vertrauen in die Medien umgehen können und warum wir trotzdem oder gerade deswegen Journalist*innen brau­chen, erzählte Lina Eikel­mann, freie Jour­na­listin und Produ­cerin, zum Abschluss des Work­shops. 

Kompaktworkshop zum Fotojournalismus mit Seven Ehmann

Kompaktworkshop zum Fotojournalismus mit Seven Ehmann

Foto: Jugendpresse Deutschland / @ellasophiasee

Auch die Kompakt­work­shops am Sonn­tag­vor­mittag boten den Teilnehmer*innen eine breite thema­ti­sche Viel­falt, um Gelerntes zu vertiefen und sich an Neues heran­zu­wagen. Wie KI-gene­rierte Bilder erkannt werden können und welche Rolle Foto­jour­na­lismus heute spielt, zeigte Sven Ehmann von der laif foun­da­tion in seinem Work­shop Zeigen, was ist – Foto­jour­na­lismus“ in Koope­ra­tion mit der Hein­rich-Böll-Stif­tung. Die Teil­neh­menden gingen der Frage nach, ob sich die Bilder, die bislang im Foto­jour­na­lismus gemacht wurden, über­haupt noch für die Kanäle, die heute wichtig sind, eignen. Gemeinsam erar­bei­teten sie die Grund­lagen des Foto­jour­na­lismus und disku­tierten, welchen Wandel es bräuchte, um mit aktu­ellen Heraus­for­de­rungen umzu­gehen. Um die Gefahren von Cyber­be­dro­hungen ging es in dem Work­shop von Joanna Rusin-Rohrig und Leonie Wendler von Nord Secu­rity. Unter dem Titel Digital? Sicher! So schützt du dich vor Cyber­si­cher­heits-Bedro­hungen“ zeigten die beiden Cybersicherheitsexpert*innen den Teil­neh­menden, dass schon kleine Verän­de­rungen und prak­ti­schen Digital-Tools die eigene Online-Sicher­heit stärken können. Wie die Sicher­heit von Journalist*innen bei Demons­tra­tionen und Beset­zungen erhöht werden kann, thema­ti­sierten die Referent*innen Renate Gensch und Klemens Köhler im Work­shop Schutz von Journalist*innen bei Demos, Beset­zungen und im Netz“. Mit den Teilnehmer*innen spra­chen sie über verschie­dene Anlauf­stellen, um sich als Journalist*in gegen Angriffe auf und nach Demons­tra­tionen zu schützen. Einen Fokus auf freie Meinungs­äu­ße­rung im Netz und Grenzen digi­taler Öffent­lich­keit legte auch Marwin Klages. In seinem Social-Media-Work­shop Algo­rithmus trifft Meinung – Wie wir unsere Stimmen online nutzen“ erklärt der Chef­re­dak­teur vom Kanal jung genug, wie Algo­rithmen auf Social Media die Wahr­neh­mung beein­flussen, aber auch, wie junge Menschen Online-Platt­formen nutzen können, um ihre Meinung zu zeigen, Haltung zu zeigen und sichtbar zu werden. 

Ver.Netzt – viel­fäl­tige Einstiegs­mög­lich­keiten in die Medi­en­welt 

Auf dem inter­ak­tiven Networ­king-Format Ver.Netzt präsen­tierten sich verschie­dene Akteur*innen aus der Medi­en­welt, um den Nachwuchsjournalist*innen span­nende Projekte und beruf­liche Möglich­keiten vorzu­stellen und ihre Fragen zu beant­worten. Mit dabei waren: Die taz Pant­her­stif­tung, der Deut­sche Jour­na­listen-Verband (DJV), die Deut­sche Jour­na­lis­tinnen- und Jour­na­listen-Union von ver.di (DJU), die Jugend­re­dak­tion jung genug, die Jugend­presse Sachsen, das VETO-Magazin, die SRH Univer­sity und die Stif­tung Erin­ne­rung, Verant­wor­tung und Zukunft (EVZ). Die Veran­stal­tung bot Raum zum Infor­mieren, Austau­schen und Vernetzen. 

Networking auf der Ver.Netzt-Messe.

Networking auf der Ver.Netzt-Messe.

Foto: Jugendpresse Deutschland / @ellasophiasee

Nach­ge­fragt – Wie geht es mit dem Jour­na­lismus weiter? 

Am Sonntag hatten die Teilnehmer*innen im Q&A noch einmal die Möglich­keit, bei Vertreter*innen verschie­dener Orga­ni­sa­tionen nach­zu­fragen. Katha­rina Weiß von Reporter ohne Grenzen gab den jungen Medi­en­in­ter­es­sierten Einblicke in die Pres­se­frei­heits­or­ga­ni­sa­tion, die welt­weit Verstöße gegen die Presse- und Infor­ma­ti­ons­frei­heit öffent­lich­keits­wirksam doku­men­tiert und sich für mehr Sicher­heit und besseren Schutz von Journalist*innen einsetzt. Dass Frei­heit und Sicher­heit als Begriffs­paar zusammen gehören, sagt auch Martin Heine­mann. Als Kommu­ni­ka­ti­ons­leiter des Bundes­nach­rich­ten­di­entes (BND) beant­wor­tete er in der zweiten Q&A‑Runde Fragen der Teilnehmer*innen zur geheim­dienst­li­chen Arbeit des BND. Als Auslands­nach­rich­ten­dienst hat dieser die Aufgabe, Nach­richten aus dem Ausland zu beschaffen, die für die zivile, mili­tä­ri­sche und tech­ni­sche Sicher­heit Deutsch­lands entschei­dend sind. 

Seinen Ausklang fand das YouMeCon-Wochen­ende im Zukunfts­lunch. In lockerer Runde konnten sich die Teil­neh­menden abschlie­ßend über die letzten Tage austau­schen. Was bleibt, sind neben dem erlernten jour­na­lis­ti­schen Hand­werks­zeug, vor allem die neuen geknüpften Kontakte und Verbin­dungen unter­ein­ander. 

Die Teilnehmer*innen der YouMeCon | kompakt 2025.

Die Teilnehmer*innen der YouMeCon | kompakt 2025.

 Foto: Jugendpresse Deutschland / @ellasophiasee

Auf der YouMeCon | kompakt 2025 in Dresden wurde deut­lich: Pres­se­frei­heit ist kein Selbst­läufer – sie ist fragil, viel­schichtig und braucht aktives Enga­ge­ment. Das drei­tä­gige Programm bot einen Raum, mit erfah­renen Journalist*innen und Medienexpert*innen in den Austausch zu kommen. Ob auf der Panel­dis­kus­sion, den Medi­en­touren oder in den Work­shops: Die Teilnehmer*innen erlebten, wie Jour­na­lismus heute funk­tio­niert – und wie er funk­tio­nieren kann. Mit Antworten auf die Frage, wie jede*r Einzelne die Pres­se­frei­heit und jour­na­lis­ti­sche Unab­hän­gig­keit stärken kann, wurde die YouMeCon | kompakt zu einem wich­tigen Impuls­geber für junge Nachwuchsjournalist*innen. 


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