Bei Anruf Snowden

Datum
03. Mai 2016
Autor*in
Henrik Nürnberger
Redaktion
politikorange
Thema
#re:publica 2016
Snowden-po

Snowden-po

Foto: Henrik Nürnberger

Plötz­lich erscheint er auf der Lein­wand: Edward Snowden ist wieder live aus dem russi­schen Exil zuge­schaltet. Zuvor spricht bei der Media Conven­tion Berlin der Philo­soph Luciano Floridi darüber, dass jeder Mensch ein Träger von Infor­ma­tionen ist, einer Info­sphäre“. Und die bilde schließ­lich das Indi­vi­duum. Ein kurzes Hallo“, dann steigt auch Snowden ins Thema ein.

Vertrauen durch Trans­pa­renz

Es muss darum gehen, sich als Indi­vi­duum zu erhalten: Privacy is the protec­tion of what you are.“ Es sind diese gewohnt markigen Worte, für die er den erwar­teten Applaus erntet. Wer den Reden live vor der Bühne folgen will, muss sich früh einen Platz sichern. Unter dem Titel The Fourth Revo­lu­tion“ werden hier die großen Fragen disku­tiert. Wer ist im Besitz der Infor­ma­tionen, die Milli­arden Menschen über die neuen Kommu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien aussenden? Und wer schützt sie glaub­würdig?

Die Regie­rungen und staat­li­chen Insti­tu­tionen hätten ihre Glaub­wür­dig­keit oft genug verspielt. Um Vertrauen in öffent­liche Insti­tu­tionen und den Rechts­staat zurück­zu­ge­winnen, sind sich Snowden und Floridi einig, müssten diese zunächst selbst durch Trans­pa­renz zeigen, dass sie der Öffent­lich­keit vertrauen. Die Macht über Daten in den Händen der Regie­rungen hält Snowden für poten­ziell gefähr­li­cher als in den Händen der großen Inter­net­un­ter­nehmen, auch wenn die ihre Macht häufiger miss­brauchten.

Asyl in 21 Ländern bean­tragt

Die Zukunft der Über­wa­chung und Netz­po­litik sieht der Whist­le­b­lower weder pessi­mis­tisch noch opti­mis­tisch. Es liege schließ­lich an den uns, den Bürgern, Rechte jetzt einzu­for­dern und den Regie­rungen kriti­sche Fragen zu stellen. Damit ist das Stich­wort zu seiner eigenen Situa­tion gegeben: In 21 Ländern hat Snowden Asyl bean­tragt, auch in Deutsch­land. Doch die Deut­sche Regie­rung lässt ihn nicht einreisen. Welche Gefahr darin gesehen wird, kann er nicht nach­voll­ziehen. Wir haben jetzt 2016 und niemand ist durch meine Enthül­lungen umge­kommen“, sagt er lako­nisch. In seiner Enttäu­schung verweist er auch an die vom EU-Parla­ment beschlos­sene – wenn auch recht­lich eher wirkungs­lose – Reso­lu­tion, ihn nicht an die USA auszu­lie­fern.

Dahin würde er gern zurück­gehen, sollte es einen fairen Prozess“ geben. Zur Frage seines derzei­tigen Aufent­halts­orts gab er sich erstaun­lich souverän: Er sei räum­lich beschränkt, aber nicht in seinen Gedanken, die er der Welt mitteilen könne. Ein perfektes Schluss­wort zur Live-Schalte nach Berlin.


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