Baden-Würt­tem­berg kann Kiwi – Deutsch­land auch? 

Datum
21. Februar 2025
Autor*in
Hanna-Maria Lang
Redaktion
politikorange
Thema
#BTW2025
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Was auf Bundes­ebene einmalig wäre, ist in Baden-Würt­tem­berg längst Tradi­tion: Grüne und Union gemeinsam in der Regie­rung. Warum funk­tio­niert die Kiwi-Koali­tion im Schwa­ben­ländle? Was kann Berlin davon lernen? 
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©Pixabay

Kiwi-Koali­tion: eine Selten­heit 

Die Kiwi ist eine süß-säuer­liche Frucht aus Ostasien und viel­leicht auch der Name der kommenden Koali­tion Deutsch­lands. Kiwi“ steht im poli­ti­schen Kontext für ein Regie­rungs­bündnis der Union und der Grünen. Was Frucht und Koali­tion gemeinsam haben: Exotik. Doch ist die saure Frucht zu exotisch für eine künf­tige Bundes­re­gie­rung? 

Auf Bundes­ebene gab es – bis dato – noch keine schwarz-grüne oder grün-schwarze Regie­rungs­kon­stel­la­tion. Das könnte sich im Hinblick auf die Bundes­tags­wahlen am 23. Februar ändern. Im RTL-Quadrell äußerte sich der CDU-Kanz­ler­kan­didat Fried­rich Merz nicht abge­neigt von einer Koali­tion mit dem Bündnis ´90: Mögli­cher­weise die Sozi­al­de­mo­kraten, mögli­cher­weise die Grünen.“ Denn was auf Bundes­ebene noch exotisch wirken mag, ist auf Landes­ebene in Baden-Würt­tem­berg schon längst Alltag. Hier regiert seit 2016 grün-schwarz unter dem grünen Minis­ter­prä­si­denten Winfried Kret­sch­mann. Der 76-jährige Schwabe ist somit der einzige grüne Regie­rungs­chef in ganz Deutsch­land. 

Die grünen Prag­ma­tiker im Ländle  

Kret­sch­mann über­zeugt mit seiner boden­ständig-bürger­li­chen Art auch über Partei­grenzen hinaus“, sagt Prof. Dr. Felix Hörisch. Er ist Professor für Politik- und Sozi­al­wis­sen­schaften an der HTW Saar. Gemeinsam mit Stefan Wurster schrieb er das Buch Kiwi im Südwesten – Eine Bilanz der zweiten Regie­rung Kret­sch­mann 2016 – 2021“. 

Kret­sch­manns Beliebt­heit machte sich bei den vergan­genen Land­tags­wahlen 2021 bemerkbar: Die Grünen in Baden-Würt­tem­berg konnten fast 33 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Auch aus Reihen der Union kommt Lob für die gute Zusam­men­ar­beit zwischen Kret­sch­mann und CDU-Frak­ti­ons­chef Manuel Hagel. »Die CDU arbeitet in Baden-Würt­tem­berg gut mit Winfried Kret­sch­mann zusammen«, schil­dert Tobias Vogt, Land­tags­ab­ge­ord­neter und Landes­ge­schäfts­führer der CDU Baden-Würt­tem­berg. So finde man immer wieder gute Kompro­misse, die das Land voran­bringen. Trotz Coro­na­pan­demie und Ener­gie­krise blieb die Kiwi-Koali­tion somit in sich stabil. Kret­sch­mann bilan­zierte zur Halb­zeit der Landes­re­gie­rung: Darauf können wir stolz sein.“ Einer der Haupt­gründe für den Erfolg des grün-schwarzen Bünd­nisses: Die Grünen sind in Baden-Würt­tem­berg vergleichs­weise konser­vativ. Umgeben von großen Auto­marken wie Porsche und Mercedes, machen sich die Grünen unge­wohnt stark für die Auto­mo­bil­in­dus­trie. Und deshalb arbeiten wir daran, dass das klima­neu­trale Auto der Zukunft hier in Baden-Würt­tem­berg erforscht, entwi­ckelt und gebaut wird“, heißt es in einer Pres­se­mit­tei­lung der Grünen Frak­tionen in Baden-Würt­tem­berg. 

Koali­ti­ons­kon­flikt: Bitte Tür schließen! 

Neben dem konser­va­tiven Kret­sch­mann schweißt die grün-schwarze Koali­tion in Baden-Würt­tem­berg vor allem eines zusammen: Konflikte werden nicht in aller Öffent­lich­keit ausge­tragen. Natür­lich gehören Diskus­sionen dazu“, sagt Landes­ge­schäfts­führer Vogt, doch die Menschen verlieren das Vertrauen, wenn sich Koali­ti­ons­partner öffent­lich streiten.“ In diesem Punkt unter­scheidet sich die Kiwi-Koali­tion von der zerbro­chenen Regie­rungs­ampel: Die drei Parteien FDP, SPD und die Grünen machten ihre Unstim­mig­keiten über den Haus­halt 2025 publik. 

Man muss sich Erfolge gönnen“ 

Der Poli­tik­wis­sen­schaftler Hörisch beschreibt in seinem Buch das Konzept der Komple­men­tär­ko­ali­tion: Beide Parteien ergänzen sich mit ihren jeweils sehr unter­schied­li­chen inhalt­li­chen Posi­tionen.“ Ziel sei es, seinem Partner Spiel­räume für Poli­tik­ge­stal­tung zu geben und ihm Erfolge zu gönnen. Doch wie gut das schwä­bi­sche Kiwi-Modell auch auf Bundes­ebene funk­tio­nieren könnte, ist frag­würdig. Während Landes­po­li­tiker über Bildung und Wissen­schaft verhan­deln, muss die Bundes­po­litik größere Heraus­for­de­rungen bewäl­tigen – russi­scher Angriffs­krieg, Migra­tion und eine klaf­fende Haus­halts­lücke. Das erschwert die Konsens­fin­dung auf Bundes­ebene. Im vorigen Dezember äußerte sich CSU-Chef Markus Söder erneut in aller Borniert­heit gegen eine Koali­tion mit den Grünen. Im Inter­view mit der Bild am Sonntag sagte er: Da bin ich ganz felsen­fest klar.“ CDU-Kanz­ler­kan­didat Merz dahin­gegen zieht eine Kiwi-Koali­tion durchaus in Bedacht. Dennoch: Eine Wirt­schafts­po­litik wie unter Habeck wolle er nicht, so der Kanz­ler­kan­didat im RTL-Quadrell. 


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