Politik zum Anfassen? – Ein kriti­scher Check des Jugend-Check

Datum
15. November 2018
Autor*in
Maureen Welter
Redaktion
politikorange
Thema
#Jugend-Check18
Der erste Bericht des Kompetenzzentrums Jugendcheck. Foto: Sebastian Hennel

Der erste Bericht des Kompetenzzentrums Jugendcheck. Foto: Sebastian Hennel

Der Jugend-Check unter­sucht aktu­elle Geset­zes­ent­würfe auf ihre Jugend­freund­lich­keit“. Die Ergeb­nisse helfen der Politik, die Inter­essen der Jugend­li­chen nicht aus den Augen zu verlieren. Doch schafft es der Jugend-Check auch, Jugend­li­chen neue Gesetze verständ­lich zu machen? Ein Kommentar.

Der erste Bericht des Kompetenzzentrums Jugendcheck. Foto: Sebastian Hennel

Der erste Bericht des Kompetenzzentrum Jugend-Check. Foto: Sebastian Hennel

Neue Gesetze müssen viele Inter­essen berück­sich­tigen. Damit die der Jugend­li­chen nicht aus dem Fokus geraten, hat das Bundes­mi­nis­te­rium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zusammen mit dem Kompe­tenz­zen­trum Jugend-Check (KomJC) und weiteren Insti­tu­tionen den Jugend-Check entwi­ckelt. Mit diesem Instru­ment sollen Geset­zes­ent­würfe auf ihre Jugend­freund­lich­keit“ geprüft werden. Eine gute Sache. Die stell­ver­tre­tende Vorsit­zende des Deut­schen Bundes­ju­gend­ringes (DBJR), Daniela Broda, nannte es gar einen Baustein für eine eigen­stän­dige Jugend­po­litik“.

Von Seiten der Politik war das Lob bei der Über­gabe des ersten Berichts des Kompe­tenz­zen­trums Jugend-Check am 13. November 2018 groß. Die parla­men­ta­ri­sche Staats­se­kre­tärin Caren Marks spricht von großem Mut: Wir haben eine Idee Wirk­lich­keit werden lassen.“

Verwal­tungen sowie Poli­ti­ke­rinnen und Poli­tiker können mithilfe des Jugend-Checks Geset­zes­ent­würfe aus Sicht von jungen Menschen betrachten und über­denken. Wie sieht es aber mit den Jugend­li­chen selbst aus? Der Jugend-Check richtet sich explizit an Fach­leute, nicht an die Betrof­fenen selbst. Das wird schon bei einem kurzen Blick in die Berichte deut­lich:

Juris­ti­sches Kauder­welsch 

Ein 13-Jähriger, der sich beispiels­weise über die Ände­rungen des Geset­zes­ent­wurfes zur Tele­kom­mu­ni­ka­tion infor­mieren will, wird auf der Inter­net­seite jugend​-check​.de über folgende Sätze stol­pern:

§ 77i Abs. 3 Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­setz (TKG) wird um eine nicht abschlie­ßende Unzu­mut­bar­keits­regel erwei­tert. Hier­nach können Anträge von Personen nach § 77i Abs. 2 TKG, die auf eine Mitver­le­gung von Kompo­nenten digi­taler Hoch­ge­schwin­dig­keits­netze im Rahmen von zumin­dest teil­weise öffent­lich finan­zierten Bauar­beiten abzielen, abge­lehnt werden, wenn dies unzu­mutbar ist.“ (Seite: jugend​-check​.de, Stand: 13.11.2018)

Das ist wohl kaum verständ­lich, wenn man nicht schon ein paar Semester Jura hinter sich hat. Für die jüngeren Lesenden hat der Jugend-Check deshalb mit mein​.jugend​-check​.de eine zweite Inter­net­seite für jüngere Lese­rinnen und Leser konzi­piert. Das ist ein lobens­wertes Zusatz­an­gebot, das nicht in den eigent­li­chen Projekt­auf­trag des Kompe­tenz­zen­trums Jugend-Check fällt.

Zwar ist die Sprache auf mein​.jugend​-check​.de einfa­cher – doch auch hier lassen die Texte viele Begriffe uner­klärt, die unserem imagi­nären 13-jährigen Leser fremd sein könnten. So wird voraus­ge­setzt, zu wissen was Arbeits­lo­sen­geld I oder II“ konkret bedeutet, wie es beim Check vom Quali­fi­zie­rungs­chan­cen­ge­setz der Fall ist.

In bestimmten Fällen soll es auch möglich sein, dass manchen Fällen soll auch ein Teil der Kosten für die Weiter­bil­dung über­nommen werden. Auch Menschen, die gerade Arbeits­lo­sen­geld I oder II bekommen, sollen einen besseren Zugang zu Weiter­bil­dungen bekommen.“ (mein​.jugend​-check​.de, Stand: 13.11.2018)

Verschenktes Poten­tial für Poli­tik­frisch­linge

Es lässt sich zusam­men­fassen: Als Instru­ment für die Verwal­tung und Politik betref­fend der Frage, wie diese Inter­essen von Jugend­li­chen berück­sich­tigen können, erfüllt der Jugend-Check seine Ziele.

Geht es jedoch darum, Jugend­li­chen Politik näher zu bringen, tut er sich mit unnötig kompli­zierten Formu­lie­rungen schwer und verpasst damit die Chance, gerade Neulinge beim Thema Politik abzu­holen. Mit der zweiten Inter­net­seite in Jugend­sprache“ ist ein Schritt getan. Das ist ein guter Ansatz – zumal das Kompe­tenz­zen­trum damit über seine Kern­auf­gabe hinaus­geht.

Da der Jugend-Check viel Poten­zial bietet, Jugend­li­chen Gesetz­ge­bung verständ­li­cher zu machen, wäre es schön, diesen Weg noch konse­quenter fort­zu­führen. Wünschens­wert wäre, das Projekt auszu­weiten und Mittel bereit­zu­stellen, um die Chancen zu nutzen. Denn nur wer poli­ti­sche Entschei­dungen versteht, kann diese auch kriti­sieren.

Mehr zum Jugend-Check und wie er funk­tio­niert findet ihr hier.


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