Ohne Pres­se­frei­heit fehlt der Demo­kratie die Luft zum atmen

Datum
04. Mai 2016
Autor*in
Andreas Rossbach
Redaktion
politikorange
Thema
#pressefreiheit16
Leider keine Ausnahme: staatliche Übergriffe, Drohungen, Gewalt,  sogar Mord. In vielen Ländern werden Journalisten unterdrückt. Die Lage der Pressefreiheit ist weltweit schlechter geworden. Deutschland fällt 2016 zurück auf Rang 16.

Leider keine Ausnahme: staatliche Übergriffe, Drohungen, Gewalt, sogar Mord. In vielen Ländern werden Journalisten unterdrückt. Die Lage der Pressefreiheit ist weltweit schlechter geworden. Deutschland fällt 2016 zurück auf Rang 16.

Till Rimmele
Leider keine Ausnahme: Staat­liche Über­griffe, Drohungen, Gewalt, sogar Mord. In vielen Ländern werden Jour­na­listen unter­drückt. Die Lage der Pres­se­frei­heit ist welt­weit schlechter geworden. Deutsch­land fällt 2016 zurück auf Rang 16.

Leider keine Ausnahme: Staatliche Über­griffe, Drohungen, Gewalt, sogar Mord. In vielen Ländern werden Jour­na­listen unter­drückt. Die Lage der Pres­se­frei­heit ist welt­weit schlechter geworden. Deutsch­land fällt 2016 zurück auf Rang 16.

Mahnwache Brandenburger Tor Berlin 15 150111 051

Mahnwache für die Opfer des Attentats auf Charlie Hebdo vor der Französischen Botschaft in Berlin. Foto: T. Rimmele

Ohne eine freie Presse ist Demo­kratie nicht denkbar. Pres­se­frei­heit ist ein univer­selles Menschen­recht, das in Deutsch­land in Artikel 5 des Grund­ge­setzes veran­kert ist. In diesen Tagen wird jedoch immer wieder bewusst, wie verletz­lich sie ist. Der Fall Charlie Hebdo oder die Affäre Böhmer­mann zeigen: unsere Frei­heiten sind auch in einer offenen Gesell­schaft keine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Die Presse muss jeden Tag gegen Angriffe von Innen und Außen vertei­digt und geschützt werden. Die Einschüch­te­rung und Verfol­gung von Jour­na­listen nimmt in letzter Zeit auch in Europa und Deutsch­land zu. Umso wich­tiger ist es, dass die Gesell­schaft dieses hohe Gut schützt. Dazu gehört auch: andere Meinungen zu tole­rieren ebenso wie die Bereit­schaft zur Selbst­kritik. Viel­fäl­tige Ideen und Meinungen gibt es nur dort, wo es keinen Zwang und keine Zensur gibt. Wer sie atta­ckiert, bedroht die Demo­kratie. Jedes Jahr am 3. Mai findet welt­weit der Tag der Pres­se­frei­heit statt. Dieses Jahr hat der Bundes­ver­band Deut­scher Zeitungs­ver­leger (BDZV) in Berlin sämt­liche Mitglieder des Deut­schen Bundes­tags ange­schrieben und um ein State­ment zur Frei­heit der Presse gebeten.

Pres­se­frei­heit bedeutet: Infor­ma­tionen und Meinungen unzen­siert veröf­fent­li­chen zu können. Das ist ein Menschen­recht, das in Deutsch­land unge­hin­dert ausgeübt werden kann. Damit es aber ausgeübt wird, braucht es weiterhin eine leben­dige, viel­fäl­tige Pres­se­land­schaft. Welt­weit müssen wir Pres­se­frei­heit weiterhin einfor­dern und verfolgte Jour­na­lis­tinnen und Jour­na­listen immer wieder unter­stützen. Der 3. Mai ist der Tag an dem wir uns dessen in beson­derer Weise besinnen sollten.

( Dr. Bärbel Kofler, SPD Mehr State­ments gibt es hier. )

Pres­se­frei­heit ist das Eine. Da wäre aber auch noch eine unab­hän­gige Bericht­erstat­tung, die eng damit verflochten ist. Jour­na­listen tragen eine hohe Verant­wor­tung, ihre Aufgabe ist es infor­mativ und sach­lich, alle Fakten beleuch­tend zu berichten. Leser sollten sich dagegen ausge­wogen infor­mieren, um Meinungen zu bilden und wohl über­legte poli­ti­sche Entschei­dungen zu treffen. Neuar­tige Geschäfts­mo­delle wie etwa Native Adver­ti­sing“, die Nutzung getarnter Anzeigen zur Finan­zie­rung von Medi­en­in­halten, ist eine Gefähr­dung der unab­hän­gigen Bericht­erstat­tung. Der Grund: Jour­na­lis­tisch wirkende Werbe­an­zeigen, soge­nannte Native Ads, tauchen immer öfter in sozialen Netz­werken auf oder auf den Seiten als seriös geltender Medi­en­häuser. Nicht immer können Leser sie sofort als Werbung iden­ti­fi­zieren. Ein schwie­riges Unter­fangen.

Jour­na­listen zahlen einen hohen Preis

Hetze gegen oder Angriff auf Jour­na­listen waren noch vor einigen Jahren kein großes Thema in Europa. Doch das hat sich spätes­tens mit dem Ukraine-Konflikt und der völker­rechts­wid­rigen Anne­xion der Krim durch Russ­land dras­tisch verän­dert. Die dies­jäh­rige Bilanz von Reporter ohne Grenzen (ROG) ist ernüch­ternd, aber nicht wirk­lich über­ra­schend. In vielen Ländern mit großen Parla­ments­mehr­heiten sind NGOs und die Presse oftmals die Einzigen, welche die Rolle des Watch­dogs“ (engl. für Über­wa­cher) der Regie­rung über­nehmen. Doch genau diese Rolle des kriti­schen Betrach­ters wird in diversen Mitglied­staaten des Euro­pa­rates zuneh­mend unter­graben. Im Jahr 2016 sind Jour­na­listen in Europa wieder­holt Opfer von tätli­chen Über­griffen und Einschüch­te­rungs­kam­pa­gnen geworden, so der Bericht. Nach Angriffen auf Jour­na­listen in Russ­land, der Ukraine und der Türkei listet der Bericht auch Über­griffe in Italien und Spanien auf.

Zu den größten Gefahren für die freie und unab­hän­gige Bericht­erstat­tung gehören medi­en­feind­liche, oft reli­giös einge­färbte Ideo­lo­gien sowie repres­sive Gesetze. In einigen Ländern gibt es Sicher­heits­ge­setze, mit denen Redak­teure wegen vermeint­li­cher Präsi­den­ten­be­lei­di­gung, Gottes­läs­te­rung oder Unter­stüt­zung terro­ris­ti­scher Gruppen ins Gefängnis gebracht werden können. Auch von Olig­ar­chen werden sie unter Druck gesetzt, die Medien in ihrem Besitz für ihre poli­ti­schen oder wirt­schaft­li­chen Zwecke instru­men­ta­li­sieren wollen. Viele Staats­führer reagieren gera­dezu para­noid auf legi­time Kritik durch unab­hän­gige Jour­na­listen“, sagte ROG-Vorstands­spre­cher Michael Rediske. Wenn sich selbst-herr­liche Präsi­denten und Regie­rungen per Gesetz jeder Kritik entziehen, fördert das Selbst­zensur und erstickt jede poli­ti­sche Diskus­sion. Dabei sind leben­dige, debat­tier­freu­dige Medien gerade dort nötig, wo die Probleme am größten sind und sich Gesell­schaften über den besten Weg in die Zukunft verstän­digen müssen.“

Zuneh­mende Selbst­zensur

Auf Initia­tive des Euro­pa­rates wurde im April 2015 das Inter­net­portal zum Schutz von Jour­na­listen und der Pres­se­frei­heit einge­richtet. Die Seite entstand in Zusam­men­ar­beit mit verschie­denen Pres­se­or­ga­ni­sa­tionen, darunter die Asso­cia­tion of Euro­pean Jour­na­lists (AEJ) und Reporter ohne Grenzen. Sie soll neben aktu­ellen Beispielen einer­seits Gefah­ren­zonen für kriti­sche Bericht­erstat­tung iden­ti­fi­zieren und so als Früh­warn­system für Jour­na­listen wirken, ande­rer­seits erhofft man sich, durch Trans­pa­renz und öffent­li­chen Druck auf die jewei­ligen Regie­rungen den Status quo zu verbes­sern. Der Bericht aus 2016 von ROG, iden­ti­fi­ziert auch die Selbst­zensur als große Gefahr. Wenn sie sich für kriti­sche Bericht­erstat­tung mit Straf­steuern oder kost­spie­ligen Gerichts­ver­fahren konfron­tiert sehen, wird die öffent­liche Debatte zu kontro­versen Themen gefährdet. Auch kommen die Verant­wort­li­chen solcher persön­li­cher Angriffe nur selten vor Gericht.

Neben Datum, Land und Art der Gefahr (Bedro­hung der Pres­se­frei­heit, Attacke auf die körper­liche oder seeli­sche Inte­grität der Redak­teure) nennt das Portal des Euro­pa­rates auch veri­fi­zierte Quellen, den Aggressor (meist die Regie­rung) sowie das Alert-Level. Seit Grün­dung der Initia­tive wurden in 160 Fällen, in 26 Ländern Warnungen ausge­spro­chen und 13 Jour­na­listen und Jour­na­lis­tinnen getötet. Zurzeit sind 52 Meldungen verzeichnet. Die neueste Warnung betrifft die zwei türki­schen Jour­na­listen Ceyda Karan und Hikmet Cettin­ka­yadie der Zeitung Cumhu­riyet“, die zu zwei Jahren Haft verur­teilt wurden, weil sie die Mohammed-Kari­katur des Satire-Maga­zins Charlie Hebdo“ veröf­fent­licht haben.

Ein Update der Pres­se­frei­heit

Die Rang­liste der Pres­se­frei­heit von ROG vergleicht die Situa­tion für Jour­na­listen und Medien in 180 Staaten und Terri­to­rien. Im Fokus steht dabei das Kalen­der­jahr 2015. Grund­lagen der Rang­liste ist ein ausführ­li­cher Frage­bogen zu allen Aspekten unab­hän­giger und freier Bericht­erstat­tung sowie die von ROG ermit­telten Zahlen von Über­griffen, Gewalt­taten und Haft­strafen gegen Jour­na­listen. Daraus ergeben sich für jedes Land Punkt­werte, die im Verhältnis zu den Werten der übrigen Länder die Plat­zie­rung in der Rang­liste bestimmen. Je nach dem Abschneiden anderer Staaten kann es deshalb im Einzel­fall in der Rang­liste aufrü­cken, obwohl sich seine Punkt­zahl verschlech­tert hat. Deutsch­land hat sich in der dies­jäh­rigen Rang­liste um vier Plätze auf Rang 16 verschlech­tert – eine Folge der stark gestie­genen Zahl von Anfein­dungen, Drohungen und gewalt­tä­tigen Über­griffen gegen die Presse. Markus Becke­dahl von netz​po​litik​.org wünscht sich im Inter­view mit poli­ti­ko­range auf der re:publica TEN ein Update der Pres­se­frei­heit in Deutsch­land“. Bisher schützt Europa und Deutsch­land seine Jour­na­listen nach wie vor zu wenig. Bleibt zu hoffen, dass der Wunsch von Becke­dahl in Erfül­lung geht. Schließ­lich garan­tiert Pres­se­frei­heit nicht nur eine unab­hän­gige Bericht­erstat­tung, sondern es geht auch um das Wesen der Demo­kratie in einer offenen Gesell­schaft.


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