Kein Meins und Deins

Datum
30. Juni 2015
Autor*in
Vanessa Reiber
Redaktion
politikorange
Thema
#ZukunftsTour 2016
Sojafeld_marcosHB_flickr_CC-BY-NC-ND_2-0_1

Sojafeld_marcosHB_flickr_CC-BY-NC-ND_2-0_1

Plötz­lich gehört das Feld nicht mehr dir, sondern einem Soja­pro­du­zenten. Ist Land­raub über­haupt erlaubt? Vanessa Reiber beleuchtet die Ursa­chen für die Enteig­nung indi­gener Völker und wirft einen Blick auf die Rechts­lage.

Sojafeld_marcosHB_flickr_CC-BY-NC-ND_2-0

Ein Sojafeld in Los Altos, Catamarca in Argentinien (Foto: marcosHB, flickr.com, CC-BY-NC-ND 2.0)

Südame­rika. Samba beim Karneval in Rio de Janeiro, die Iguaçu-Wasser­fälle, die Ataca­ma­wüste in Chile und die Ruinen­stadt Machu Picchu in Peru. Dazu noch Sommer, Sonne, türkis­far­benes Meer und lange Sand­stände. So stellen wir uns den viert­größten Konti­nent der Erde vor. Doch abseits der Touris­ten­ma­gneten und Groß­städte bestimmt ein Problem das Leben der im Agrar­sektor arbei­tenden Bevöl­ke­rung: Durch Land­raub, also den groß­flä­chigen Aufkauf von frucht­baren Böden, verlieren viele Bauern und Bäue­rinnen ihre Exis­tenz­grund­lage.

Land­raub ist kein neues Phänomen

Schon während der Zeit der Kolo­nia­li­sie­rung eigneten sich fremde Siedler*innen riesige Land­striche an und vertrieben die vormals dort lebende indi­gene Bevöl­ke­rung oder zwangen sie zur Arbeit auf ihren Baum­woll- oder Zucker­rohr­fel­dern. Auch in Zeiten der Globa­li­sie­rung werden noch immer viele, seit Gene­ra­tionen in der Land­wirt­schaft arbei­tende Menschen enteignet. Anders als zu Kolo­ni­al­zeiten sind heute Großinvestor*innen, zum Teil auch aus dem Ausland stam­mend, und die Regie­rungen am Land­raub betei­ligt. Das Problem: Die Bauern haben in der Regel keine Besitz­ur­kunden für ihre Lände­reien. Beson­ders betroffen sind die Bewohner*innen der Region Gran Chaco in Südame­rika. Der Groß­teil der mehr als 100 Millionen Hektar großen Fläche gehört zu Argen­ti­nien.

Argen­ti­nien ist nach den USA und Brasi­lien der dritt­größte Soja­pro­du­zent der Welt. Auf über 50 Prozent der Acker­bau­fläche werden Soja­bohnen ange­baut. Damit passt sich die argen­ti­ni­sche Wirt­schaft der stei­genden globalen Nach­frage nach Fleisch und Agrar­treib­stoffen an. Das aus den Soja­bohnen gewon­nene Soja­schrot wird vor allem von den EU-Ländern impor­tiert und an Tiere verfüt­tert. In der Produk­tion von Öl und Biodiesel auf Soja­basis ist Argen­ti­nien Welt­markt­führer. Auch hier sind die Haupt­ab­nehmer die Staaten der Euro­päi­schen Union. Die argen­ti­ni­sche Regie­rung ist an einem Ausbau der Soja­pro­duk­tion inter­es­siert, da sie durch eine Export­steuer von 35 Prozent betei­ligt ist.

Argen­ti­ni­sche Regie­rung verwei­gert Pflichten

Der Staat profi­tiert also und die indi­gene Bevöl­ke­rung verliert ihre Felder oder leidet unter dem massiven Einsatz von Pesti­ziden. Dabei hat sich die argen­ti­ni­sche Regie­rung bereits 1991 mit der Rati­fi­ka­tion des soge­nannten ILO 169″ dazu verpflichtet, die Grund­rechte von indi­genen Völkern zu schützen. Das Über­ein­kommen über einge­bo­rene und in Stämmen lebende Völker in unab­hän­gigen Ländern ist ein Über­ein­kommen der Inter­na­tional Labour Orga­niza­tion, kurz ILO, die die Rechte indi­gener Völker schützt.

Die Unterzeichner*innen des Unter­ein­kom­mens verpflichten sich in Artikel 14 dazu, die Eigen­tums- und Besitz­rechte der betref­fenden Völker an dem von ihnen von alt her besie­delten Land anzu­er­kennen. Außerdem sind in geeig­neten Fällen Maßnahmen zu ergreifen, um das Recht der betref­fenden Völker zur Nutzung von Land zu schützen, das nicht ausschließ­lich von ihnen besie­delt ist, zu dem sie aber im Hinblick auf ihre der Eigen­ver­sor­gung dienenden und ihre tradi­tio­nellen Tätig­keiten von alters her Zugang haben.“

Auch Artikel 75 der argen­ti­ni­schen Verfas­sung sichert den indi­genen Völkern den Besitz ihrer tradi­tio­nell ange­stammten Terri­to­rien zu. Davon merken die beraubten Bewohner*innen aller­dings zu wenig. Die Anbau­flä­chen für die Soja­pro­duk­tion werden stetig erwei­tert, damit die Wirt­schaft weiter wächst.

Werde Teil unserer Community

Entdecke spannende Geschichten, vernetze dich mit anderen jungen Journalist:innen und gestalte die Medienlandschaft von morgen mit. Melde dich jetzt an und bleibe immer auf dem neuesten Stand.

Wehrpflicht Redaktion Gruppenbild