Grüne Jugend: Zerfall durch Austritt?

Datum
01. Oktober 2024
Autor*in
Emma Askin
Redaktion
politikorange
Thema
#Politik
Flagge der GRÜNEN

Flagge der GRÜNEN

Erst Rück­tritt und dann Austritt. Der Schritt des Bundes­vor­stands der Grünen Jugend sorgt für eine tiefe Verun­si­che­rung inner­halb der Partei­struk­turen. Folgt jetzt die Spal­tung der Partei? Ein Kommentar.

Katha­rina Stolla, Co-Vorsit­zende des Bundes­vor­stands der Grünen Jugend, sprach von einem Entfrem­dungs­pro­zess. Es ergibt dauer­haft keinen Sinn, linke Oppo­si­tion zu einer Politik zu sein, die die eigene Partei mitträgt“, sagte sie gegen­über dem SPIEGEL. Der Rück­tritt und auch der Partei­aus­tritt treffen in der Partei auf großes Unver­ständnis. Von der LINKEN wird der Schritt gefeiert. Werden sich die GRÜNEN nun endgültig spalten?

Zu viele Wahl­nie­der­lagen in den vergan­genen Monaten und eine Ampel, für die die GRÜNEN ihre Werte verkauft haben. Die Partei steckt in der Krise und das nicht erst seit gestern. Dennoch, die Nach­richt über den Partei­aus­tritt des gesamten Bundes­vor­stands kam wie ein Donner­schlag. Die Grüne Jugend war schon immer linker als die Partei. Stand häufig in ihren Posi­tionen im Gegen­satz zu dem, was gerade auf Bundes­ebene passiert. Und das ist gut so. Eine poli­ti­sche Partei lebt von Kontro­versen auch inner­halb der Partei. Schließ­lich kann eine interne Verän­de­rung nur von innen kommen – die grund­sätz­liche Ausrich­tung der Partei kann sich nur von innen beein­flussen lassen. Gleich­zeitig ist der Partei­nach­wuchs wichtig für die poli­ti­sche Arbeit. Die Jungen geben Impulse.

Umso größer ist die Kritik an der Art und Weise, wie dieser Austritt verkündet wurde. Der schei­denden Bundes­vor­stand hat scheinbar über Nacht eine Kampagne in die Wege geleitet. Dies hinter­lässt einen bitteren Beigeschmack und es stellt sich die Frage, ob der Schritt nicht schon länger fest­stand. Ob das Amt des Bundes­vor­sitz der Grünen Jugend nicht dafür genutzt wurde, die eigene Jugend­or­ga­ni­sa­tion bekannter zu machen. Denn die Bundes­vor­sit­zenden der Grünen Jugend genießen eine gewisse Bekannt­heit. Ein solches Verhalten erin­nert an den Perso­nen­kult rund um Sarah Wagen­knecht. In der LINKEN hat der Austritt und die Grün­dung einer neuen Struktur eine starke Schwä­chung und den Verlust von Wähler*innen verur­sacht. Der Ausstieg des Bundes­vor­stands wird auf Insta­gram vor allem von Mitglie­dern der LINKEN gefeiert wird. Über die Rolle der Partei in dem ganzen Prozess hat, lässt sich nur mutmaßen.

Der geschlos­sene Partei­aus­tritt und die folgende Grün­dung einer neuen linken Jugend­or­ga­ni­sa­tion ist verant­wor­tungslos.

Gerade in Zeiten, in der es einen zuneh­menden Rechts­ruck gibt, kann alles, was in einer Partei passiert für eine Schwä­chung sorgen. Auch der*die Vorsit­zende einer Jugend­or­ga­ni­sa­tion trägt poli­ti­sche Verant­wor­tung. Der Bundes­vor­stand wurde gewählt, die weiteren Mitglie­dern haben den Personen ihr Vertrauen geschenkt. Dieses Vertrauen wurde miss­braucht. Im Prinzip hat der aktu­elle Bundes­vor­stand seit Bekannt­gabe des Rück- und Austritts keine Legi­ti­ma­tion mehr. Allein deswegen gibt es eine große Verun­si­che­rung. Dazu kommt, dass viele Fragen offen­ge­blieben sind. Beispiels­weise inwie­fern Partei­mittel in die Neugrün­dung der Jugend­or­ga­ni­sa­tion geflossen sind und weiterhin fließen.

Aber auch der Zeit­punkt der Bekannt­gabe ist frag­würdig. Am selben Tag trat bereits der gesamte Bundes­vor­stand der GRÜNEN zurück. Ein rich­tiger Schritt, um poli­ti­sche Verant­wor­tung zu über­nehmen. Der Schritt des Vorstands der Grünen Jugend ist dagegen absolut der Falsche. Es gab schon immer Stimmen inner­halb der Partei, die eher kritisch der Partei­ju­gend einge­stellt waren. Zu links. Zu rebel­lisch. Aber auch verant­wor­tungslos. Der geschlos­sene Partei­aus­tritt und die folgende Grün­dung einer neuen linken Jugend­or­ga­ni­sa­tion ist genau das – verant­wor­tungslos. Er macht es einem neuen Bundes­vor­stand der Partei­ju­gend nur noch schwerer, Vertrauen bei den Altgrünen“ zu gewinnen. Die Skepsis wird bestehen bleiben, ob nicht auch wieder eine Bühne für die Grün­dung einer neuen Orga­ni­sa­tion miss­braucht wird. Aber auch gegen­über den jungen Mitglie­dern in der Partei ist der Schritt verant­wor­tungslos. In den letzten Wochen und Monaten haben die Mitglieder für die Partei gekämpft. Für die Akzep­tanz der GRÜNEN. Insbe­son­dere in den Ostbun­des­län­dern, wie Sachsen, Bran­den­burg und Thüringen haben sie sich Anfein­dungen ausge­setzt. Am Ende hat es nicht gereicht und die AfD wurde in der Alters­gruppe der 16 – 24-Jährigen zur großen Gewin­nerin.

Wie geht es weiter?

Eine weitere Aufsplit­te­rung in der poli­ti­schen linken Jugend­struktur macht es den rechten Kräften nur noch einfa­cher. Schließ­lich sorgt der Rück­tritt des Bundes­vor­stands bei jungen Menschen, die sich poli­tisch enga­gieren möchten, für Orien­tie­rungs­lo­sig­keit. Welche Orga­ni­sa­ti­ons­struktur sollen sie wählen? Ist die Grüne Jugend noch ein vertrau­ens­wür­diger Verband? Es wäre nicht verwun­der­lich, wenn es zu einer Welle an Austritten bei den GRÜNEN kommt. Wenn weniger Menschen eintreten und es schließ­lich wieder zu einem Einbruch der Umfra­ge­werte kommt. Die Altgrünen“ müssen sich unwei­ger­lich mit der Situa­tion in ihrer Jugend­or­ga­ni­sa­tion beschäf­tigen und auch über die Außen­wir­kung der vergan­genen Tage. Es braucht heute eine Stabi­lität.

Was bleibt ist jedoch ein Scher­ben­haufen, den der Bundes­vor­stand der Grünen Jugend verur­sacht hat. Eine Partei zu verän­dern durch kollek­tiven Austritt ist der falsche Weg. Die Verän­de­rung muss von innen erfolgen. Der Austritt hat der Partei und wird der Partei in den nächsten Monaten schaden. Wenn die GRÜNEN nicht aufpassen, kann es schnell zu einer Zersplit­te­rung kommen, wie bereits in der Vergan­gen­heit bei der LINKEN. Und das würde zu einer massiven Schwä­chung der poli­ti­schen Linken führen, was schließ­lich den Rechts­ruck nur befeuert.


Dieser Artikel ist im Rahmen der offenen Redak­tion entstanden. Bei Fragen, Anre­gungen, Kritik und wenn ihr selbst mitma­chen mögt, schreibt uns eine Mail an redaktion@​jugendpresse.​de 


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