Gesucht: Frauen im Baden-Würt­tem­berger Landtag

Datum
14. März 2019
Autor*in
Jonas Gebauer
Redaktion
politikorange
Thema
#EPjugendforum 2019
Frauen im bdew_Johannes Kolb

Frauen im bdew_Johannes Kolb

Foto: Johannes Kolb

Das Thema Parität pola­ri­siert in Deutsch­land. Quoten finden Zustim­mung und Ableh­nung in glei­chem Maße. In Bran­den­burg soll die Parität im Landtag nun gesetz­lich veran­kert werden. Das #EPju­gend­forum in Stutt­gart, dem Landtag von Baden-Würt­tem­berg zeigt: Eine gute Idee! Ein Kommentar von Jonas Gebauer. 

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Fünf Fraktionen, fünf Männer - wer Frauen im Landtag von Baden-Württemberg finden will, muss sich auf eine lange Suche begeben. Foto: Sarah Kussinger

Euro­päi­sches Jugend­forum in Stutt­gart, 12. März 2019. Vor vier Tagen gingen am Inter­na­tio­nalen Frau­entag vieler­orts Frauen überall auf der Welt auf die Straße, um zu demons­trieren. Nicht dafür, sich Rechte zu erkämpfen, sondern dafür, die glei­chen Rechte, die sie schon unlängst besitzen, auch endlich zu erhalten – überall. Frauen werden in Deutsch­land und auch welt­weit noch immer struk­tu­rell benach­tei­ligt. Egal, ob bei der Bezah­lung oder den Beset­zungen von Führungs­po­si­tionen. Aber es geht auch um die Verein­bar­keit von Familie und Beruf, die hier nicht unwichtig ist. Noch immer kümmern sich prozen­tual gesehen weitaus mehr Frauen um die Familie und die Kinder neben ihrem eigent­li­chen Beruf.

Ein Zustand, der nicht akzep­tabel ist. Doch zurück zum 12. März 2019 in den Landtag von Baden-Würt­tem­berg. Etwa 110 junge Menschen aus dem Bundes­land sind in ihr Landes­par­la­ment gekommen, um über die Zukunft von Europa, ihre Zukunft zu spre­chen, Ideen auszu­tau­schen und Lösungs­an­sätze voran­zu­bringen. Doch sie reden nicht nur mit sich selbst, sie debat­tieren auch mit Poli­ti­ke­rinnen und Poli­ti­kern, denn schließ­lich sollen ihre Maßnahmen gehört, wahr­ge­nommen und umge­setzt werden. Wer kann dies besser, als die gewählten Volks­ver­treter? Nun sitzen also 110 Schü­le­rinnen und Schüler in ihrem Landes­par­la­ment und disku­tieren. Jedoch nicht mit Poli­ti­ke­rinnen und Poli­ti­kern, statt­dessen nur mit Poli­ti­kern – fünf an der Zahl. Aus jeder Frak­tion ist einer anwe­send. Ein Abbild des Zustandes des gesamten Parla­mentes. Gerade einmal knapp 25 Prozent Frauen sitzen hier norma­ler­weise auf den Stühlen der Abge­ord­neten – ein Armuts­zeugnis.

25 Prozent Frauen im Landtag – ein Armuts­zeugnis

Doch Baden-Würt­tem­berg ist kein Einzel­fall, auch im Bundestag sank die Quote der Frauen im Parla­ment nach der letzten Wahl. In anderen Bundes­län­dern zeichnet sich ein ähnli­ches Bild ab. Ein Gesetz zur Parität wie es nun in Bran­den­burg einge­bracht wurde, scheint da nur gerecht­fer­tigt. Wenn die Hälfte der Bevöl­ke­rung aus Frauen besteht, warum sitzen sie dann nicht auch in den Parla­menten?

Eine Quote? Auf keinen Fall! So zumin­dest lautet die entblößte Antwort zweier Abge­ord­neten der AfD- und CDU-Frak­tion auf Nach­frage. Geschlech­ter­feind­lich nennt die AfD sogar eine Quoten­re­ge­lung, die Frak­tion mit 20 Abge­ord­neten in der 18 Männer sitzen. Wir beschäf­tigen uns als junge Partei noch mehr mit Lager­denken als mit dem Geschlecht“, begründet Daniel Rott­mann (AfD). Welche Maßnahmen kann es denn statt­dessen geben, um mehr Frauen in die poli­ti­sche Arbeit einzu­binden? Gut, in der AfD spielt das Thema keine Rolle. In der CDU? Es gehe darum, Frauen mehr Mut zuzu­spre­chen, dass auch sie ein poli­ti­sches Amt bekleiden können, so Fabian Gram­ling (CDU). Beson­ders ideen­reich klingt das nicht – Mut besitzen Frauen ohnehin und können nicht nur Minis­ter­prä­si­dentin, sondern auch Kanz­lerin sein.

Während Gram­ling immer weiter ins Stocken gerät, wenn er versucht, sich zu erklären und zu begründen, warum keine Maßnahmen ergriffen werden, begründet Rott­mann nochmal, warum er Quoten ganz und gar nicht gutheißt: Wenn wir beispiels­weise 400 Männer haben und 100 Frauen und wir müssen das Parla­ment 50:50 besetzen, so ist die Chance viel höher, dass wir mehr unqua­li­fi­zierte Frauen in den Parla­menten haben, als Männer.“ Ein Satz, der selbst unqua­li­fi­zierter kaum hätte sein können. Und, wenn es mehr unqua­li­fi­zierte Männer gibt unter den 400 als unter den 100 Frauen, die alle quali­fi­ziert sind? Rott­mann gerät ins Stocken, sein Blick kreist zwischen den erwar­tungs­vollen Augen der Redak­teurin und der Weite des Foyers. Schnell scheint klar: Ein unqua­li­fi­zierter männ­li­cher Abge­ord­neter ist bereits gefunden.

Keine Ideen, keine Argu­mente – der Schutz des eigenen Sitzes

Am Ende eines Tages bleibt die Ernüch­te­rung, denn: Antworten auf Fragen gab es nicht. Leere Wort­hüllen schon eher und der Weg zur Parität scheint noch ein langer zu sein. So geht die Suche weiter. Die Suche nach Frauen im Landtag von Baden-Würt­tem­berg – ein Trau­er­spiel. Immerhin die Land­tags­prä­si­dentin, Muhterem Aras, ist eine Frau und sie nimmt die jungen Menschen ernst: Ich finde es gut, wenn ihr für eure Zukunft kämpft, hier, bei euch oder am Freitag auf der Straße!“ Nicht nur mit der Jugend reden, sondern sie auch ernst nehmen, Ideen aufnehmen und sie nach­haltig einbe­ziehen – auch das ist leider kein Licht­blick in der männ­lich geprägten Politik.

Auf Wieder­sehen“, tönt es an der Tür, als wir das Gebäude verlassen. Die Pfört­nerin lächelt. Eine der wenigen Frauen, die wir an diesem Tag im Landtag sahen.


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