Diskus­sion, bitte!

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Überall auf der Welt werden aus Gründen des Infek­ti­ons­schutzes die Grund­rechte beschnitten. Wie legitim ist das? Das fragt sich poli­ti­ko­range-Repor­terin Hannan El Mikdam-Lasslop. Ein Inter­view mit Chris­tine Meissler, Refe­rentin für den Schutz der Zivil­ge­sell­schaft bei Brot für die Welt.

poli­ti­ko­range: Frau Meissler, auf Grund der COVID-19 Pandemie wurden die Grund­rechte hier in Deutsch­land stark einge­schränkt. Was halten Sie davon?

Meissler: In Kata­stro­phen­fällen und Notständen dürfen Grund­rechte einge­schränkt werden. Das inter­na­tio­nale Menschen­recht sieht solche Einschrän­kungen vor. Diese müssen sich aber an bestimmte Krite­rien halten. Einschrän­kungen dürfen nur gemacht werden, wenn sie legal, legitim, notwendig, verhält­nis­mäßig und nicht diskri­mi­nie­rend sind. Das sind ganz wich­tige Rechts­prin­zi­pien, die einge­halten werden müssen. Außerdem müssen die Einschrän­kungen zeit­lich begrenzt sein. Das ist natür­lich nicht immer einfach in einer Situa­tion die so neu ist, wie die COVID-19 Pandemie.

Quelle: Hermann Bredehorst

Christine Meissler, Referentin Zivilgesellschaft - Brot fuer die Welt - (Foto: Hermann Bredehorst)

poli­ti­ko­range: Wer prüft denn, ob diese Krite­rien einge­halten werden?

Da gibt es vor allem im längeren Verlauf Möglich­keiten bei der UN. So was kann zum Beispiel in Zuge der Universal Peri­odic Reviews“ geprüft werden. Das sind regel­mä­ßige Über­prü­fungen der Menschen­rechts­lage in UN-Mitglieds­staaten durch den UN-Menschen­rechtsrat. Eine weitere Möglich­keit ist der Klage­me­cha­nismus der UN-Pakte. Im natio­nalen Kontext sind das die Gerichte, die diese Kritie­rien über­prüfen können. In Deutsch­land haben z.B. mehrere Gerichte, das abso­lute Versamm­lungs­verbot wieder aufge­hoben, das nicht akzep­tabel war.

polit­ko­range: Müssen solche Einschrän­kungen irgendwo gemeldet werden?

Ja, ganz offi­ziell müssen Staaten Einschrän­kungen der Menschen­rechte in Notständen oder Kata­stro­phen­fällen melden. Diese verletzt ja auch UN-Pakte. Ich glaube, da ist das Hoch­kom­mis­sa­riat für Menschen­rechte zuständig. Ich kenne so was eher aus ganz schlimmen Natur­ka­ta­stro­phen oder aus Kriegs­zu­ständen.

poli­ti­ko­range: Wie kann Menschen­rechts­ver­let­zungen entge­gen­treten werden und welche Rolle spielen hier zivil­ge­sell­schaft­liche Akteur*innen?

Ich glaube, es ist ganz wichtig sich einzu­mi­schen. Der Chaos Computer Club ist da ein gutes Beispiel. Als die Debatte um die Corona-Tracking ‑App anfing, hat sich der Chaos Compu­ter­club gleich proaktiv in die Diskus­sion einge­mischt und veröf­fent­licht, welche Krite­rien wichtig sind um die Privat­sphäre der Nutzer zu schützen. Darüber hinaus braucht es auch ein Mono­toring der Einschrän­kungen. So was macht zum Beispiel die Gesell­schaft für Frei­heits­rechte.“ Die GFF über­wacht und wertet Menschen­rechts­ein­schrän­kungen aus. Und was natür­lich abge­sehen von der Zivil­ge­sell­schaft noch beson­ders bedeu­tend ist, ist die Gewal­ten­tei­lung und die Gerichte; und dass es eine funk­tio­nie­rende Klage­mög­lich­keit für Bürge­rinnen und Bürger gibt.

poli­ti­ko­range: Wenn die Grund­rechte einge­schränkt sind, wie viel Hand­lungs­spiel­raum bleibt NGO’s denn dann über­haupt noch?

Das kommt auf den Kontext an. Was bei uns im Moment immer noch am stärksten einge­schränkt ist, ist das Versamm­lungs­recht. Aller­dings gibt es auch hier Urteile von Gerichten, dass das Demons­tra­ti­ons­recht nicht pauschal aufge­hoben werden darf. Wenn bestimmte Krite­rien einge­halten werden, wie zum Beispiel der Mindest­ab­stand, dann muss dieses Recht gewähr­leistet werden. Einige zivil­ge­sell­schaft­liche Akteure greifen jetzt zu alter­na­tiven Protest­formen. Denken wir einmal an Fight Every Crisis“ von Fridays For Future. Diese Aktion hat in Deutsch­land große mediale Aufmerk­sam­keit bekommen. Wichtig ist, dass Protest auf andere Art und Weise sichtbar gemacht wird. In anderen Ländern ist das natür­lich viel schwie­riger. Da sehen wir teil­weise wie Jour­na­listen fest­ge­nommen werden, weil sie über COVID-19 kritisch berichten und das ist natür­lich hoch proble­ma­tisch.


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