Die Ausein­an­der­set­zung mit anderen Menschen und Ländern erwei­tert den Hori­zont.“

Datum
07. Juni 2018
Autor*in
Lisa-Marie Werner
Redaktion
politikorange
Thema
#IWgR 2018
Bastian Schneider (27) ist stellvertretender Bundesvorstand der Jungen Union. / Foto: privat

Bastian Schneider (27) ist stellvertretender Bundesvorstand der Jungen Union. / Foto: privat

LGS

In der print-Ausgabe der politikorange zum Thema Rassismus findet ihr kurze Inter­views mit Vertre­te­rinnen und Vertre­tern der Jugend­or­ga­ni­sa­tionen der Parteien. Hier auf dem Blog gibt es ausführ­li­chere Antworten.

Was sind die Probleme unserer Zeit?

Das ist schwierig. Aber wenn ihr mich auf drei fest­na­geln wollt, sind das erstens der demo­gra­fi­sche Wandel, zwei­tens die Digi­ta­li­sie­rung und drit­tens die Migra­tion. Der demo­gra­fi­sche Wandel betrifft unsere Gene­ra­tion beson­ders. Es ist unklar, wie die Rente finan­ziert werden soll, wenn wir einmal alt sind und wer uns irgend­wann pflegen kann. Im Bereich Digi­ta­li­sie­rung wandelt sich alles sehr schnell. Das Smart­phone hat in den letzten Jahren viele Dinge aus unserem Alltag verdrängt. Diese Entwick­lung wird sich fort­setzen. Durch Künst­liche Intel­li­genz werden immer mehr Arbeits­plätze wegfallen. Außerdem werden beispiels­weise in China viel mehr Inge­nieure ausge­bildet als bei uns. Wir müssen daher über­legen, wie wir unseren Wohl­stand vertei­digen können. Die Migra­tion ist meiner Meinung nach die Jahr­hun­dert­frage. Durch die große Armut und hohe Gebur­ten­rate in den Entwick­lungs­län­dern wird dieses Problem nicht einfach und schnell zu lösen sein.

Welche Rolle spielt Iden­tität für dich?

Ich könnte mir jetzt Etiketten wie Mann“ und Jurist“ aufkleben. Ich glaube aber, man kann Menschen nicht so einfach in Schub­laden stecken. Jeder Mensch ist eben anders. Wenn ich in den USA bin, fühle ich mich euro­päi­scher als hier, weil ich merke, was anders ist. Iden­tität besteht darin, Dinge fest­zu­stellen und sich einzu­ordnen. Erst durch den Kontakt zu anderen Menschen spürt man, wie man ist. Unter­be­wusst defi­niert man ja immer sich selbst als normal“. Wenn ich sage, jemand ist sport­lich, meine ich eigent­lich, jemand ist sport­li­cher als ich. Iden­tität wächst durch Kontakt. Die Iden­tität einer Gesell­schaft verän­dert sich laufend. Für uns sind heute andere Dinge normal, als für unsere Groß­el­tern. Eine länder­ei­gene Iden­tität gibt es inso­fern, als das Länder geschicht­lich unter­schied­lich geprägt sind. Wir nennen andere Zahlen als Asiaten, wenn wir nach den wich­tigsten Wende­punkten des zwan­zigsten Jahr­hun­derts gefragt werden. Iden­tität ist dyna­misch, kann sich also wandeln. Ich bin nicht der gleiche, der ich vor fünf Jahren war, und bei euch ist das sicher genau so. Heute haben manche Angst, finan­ziell abge­hängt zu werden. Daher konzen­trieren sie sich auf das, was ihnen keiner nehmen kann. So kommt es dazu, dass sich Menschen in extremen Maße über natio­nale Herkunft iden­ti­fi­zieren. Viele Leute iden­ti­fi­zieren sich über ihren Beruf. Da stellt sich die Frage, worüber sich Arbeits­lose noch iden­ti­fi­zieren können.

Wie entsteht Rassismus?

Leute kommen nicht als Rassisten auf die Welt. Das geschieht durch gesell­schaft­liche Prägung. Niemand, der bereits im Kinder­garten Freunde mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund hatte, ist später rassis­tisch. Rassismus ist menschen­ge­macht und wandelt sich. Unsere Urgroß­el­tern sind mit der Erbfeind­schaft zu Frank­reich aufge­wachsen. Wir wachsen hingegen mit einer engen Freund­schaft zu Frank­reich auf. Rassismus ist also über­windbar.

Was tut deine Jugend­g­or­ga­ni­sa­tion gegen Rassismus?

Wir tauschen uns mit vielen verschie­denen Menschen aus und haben auch viele Mitglieder mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund. Man denkt nämlich dann in Stereo­typen und hat Klischees, wenn man man etwas nicht kennt. Für meine Gene­ra­tion ist es normal, dass man mit vielen Menschen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund in einer Klasse war. Das war früher anders. Wir wachsen heute anders auf, daher gibt es weniger Rassismus.

Was willst du unseren Lesern zum Thema Iden­tität und Rassismus noch mitgeben?

Seid offen und schaut euch die Welt an. Die Ausein­an­der­set­zung mit anderen Menschen und Ländern erwei­tert den Hori­zont. Betei­ligt euch in der Politik, dort gibt es viele Facetten. Macht Prak­tika – auch in Berei­chen, in denen ihr später nicht arbeiten möchtet. Was man kennt, sieht man gelas­sener. Geht mit offenen Augen durch die Welt. Nehmt nicht nur Infor­ma­tionen auf, sondert enga­giert euch auch und über­nehmt Verant­wor­tung. Nehmt neue Blick­winkel ein. Eure Erfah­rungen kann euch niemand mehr nehmen. Tauscht euch mit Menschen aus, die in ganz anderen Lebens­rea­li­täten stecken, als ihr. So gewinnt ihr Offen­heit. Je mehr Menschen man kennt, desto weniger denkt man in Schub­laden. Redet mit denen, mit denen ihr noch nie geredet habt. Wir sind alle einfach nur Menschen.

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