Das King’s College London – Porträts der engli­schen Bildungs­kultur

Datum
29. Januar 2025
Autor*in
Raphael Cullmann
Redaktion
politikorange
Thema
#Leben
Kings College London

Kings College London

Foto: Raphael Cullmann/Jugendpresse Deutschland e.V.
England hat in etli­chen Berei­chen den Grund­stein für unsere moderne Welt gelegt. Und noch heute steht das Land für eine Univer­si­täts­kultur, die seines­glei­chen sucht.

Ob indus­tri­elle Revo­lu­tion oder ausge­grü­belte Rechts­sys­teme – England hat in etli­chen Berei­chen den Grund­stein für unsere moderne Welt gelegt. Und noch heute steht das Land für eine Univer­si­täts­kultur, die seines­glei­chen sucht.

Ja, die US-Amerikaner*innen haben das MIT, die Havard und Stand­ford Univer­sity, um nur ein paar der ameri­ka­ni­schen Elite­uni­ver­si­täten zu nennen. Aber die Engländer*innen neben dem High-Performer-Mindset etwas an den Univer­si­täten, das über pure Leis­tung hinaus­geht.

England versus China – eine Chinesin berichtet

Peng Xinyi kommt ursprüng­lich aus China und studiert seit Herbst am King’s College in London (KCL). Sie stellt sich mit Ray vor – ihr engli­scher Name. Sie lacht viel, ist einfach gut drauf. Sie hat sich auf ein Aben­teuer gewagt und ist in ein anderes Land gegangen. China is not a very inter­na­tional and diverse country“, sagt sie. London dagegen sei ein viel­fäl­tiger Ort. Ray liebt es, verschie­dene Menschen aus der ganzen Welt zu treffen: I am very fond of the feeling of inter­cul­tural commu­ni­ca­tion.“. Beson­ders gefallen ihr die zahl­rei­chen Tuto­rien und die hübsche“ Bücherei der Univer­sität. Die Atmo­sphäre an engli­schen Univer­si­täten sei einfach eine andere – allein schon wegen der Menschen. The academic atmo­sphere is very strong“, fügt sie hinzu.

Und abge­sehen davon ist China in Rays Augen nicht der beste Ort, um einen akade­mi­schen Grad zu erwerben. Die academic atmo­sphere“ sei nicht so stark wie in England. Ein weiterer großer Unter­schied – die Univer­si­täten in China sind riesig. The univer­si­ties have lots of buil­dings – dormi­tory, educa­tional or for leisure – ever­y­thing is like a little commu­nity“, erklärt sie. Doch, wenn man an einer chine­si­schen Univer­sität studiert, treffe man nur Chinesen. Des Weiteren fühle sich das Studium in London wie ein eigener Job an: Study here is kind of going to work“, empfindet sie. Wohnung und Univer­sität seien in London in der Regel weit vonein­ander entfernt und man müsse stets die Subway“ oder den Bus für den Weg von einem zum anderen Lehr­ge­bäude nehmen. Das gefällt ihr sehr.

Doch sie hat sich nicht nur wegen der Diver­sität an Menschen für London entschieden. Auch die Reise­mög­lich­keiten Europas und Erreich­bar­keit anderer Länder haben eine Rolle für sie gespielt. In Europa sei es sehr viel einfa­cher, zwischen den Ländern umher­zu­reisen. Die vielen indi­vi­du­ellen Einschrän­kungen in China scheinen sie nach Europa gebracht zu haben. Einen wirk­li­chen Natio­nal­stolz für China strahlte Ray nicht aus.

Auch in Zukunft möchte Ray in England bleiben und hofft, dort eine Stelle zu finden. Gewiss­heit über ihren Traum­beruf hat sie bisher noch nicht erlangt – sie könne sich gut vorstellen in der Marke­ting Branche Fuß zu fassen oder eine Posi­tion bei einer engli­schen Invest­ment Bank anzu­treten. Am ehesten sieht sich Ray jedoch im Marke­ting, da ihr Studi­en­gang Digital Culture and Society“ den größten Bezug dazu habe und sich in vielen Aspekten damit befasse. Was klar ist: Für ihre Karriere wird sie nicht nach China zurück­kehren – das schließt sie kate­go­risch aus. It’s so compe­ti­tive working in China“, beklagt sie.

Ray ist ein Mensch der indi­vi­du­ellen Frei­heit und der inter­kul­tu­rellen Diver­sität – ein Mensch, der seine Herkunft hinter sich gelassen hat, um sich voll und ganz einem Aben­teuer und neuen Chancen zu widmen.

Die Domi­ni­ka­ni­sche Repu­blik: Funke einer besseren Zukunft – eine Domi­ni­ka­nerin berichtet

Maria Laval, eine inter­na­tio­nale Studentin aus der Domi­ni­ka­ni­schen Repu­blik, studiert zum ersten Mal an einer großen Univer­sität in London. Sie wirkt positiv und herz­lich. Sie beschreibt die akade­mi­sche Kultur als incre­dible“ und bemerkt, dass dies vor allem an einem starken Gemein­schafts­ge­fühl unter den Studie­renden liege: They do a lot of acti­vi­ties to make you feel like you’re actually part of a commu­nity.“ Maria schätzt diese inklu­sive Atmo­sphäre und fühlt sich gut in die Univer­si­täts­ge­mein­schaft inte­griert.

Nach inten­siver Recherche verschie­dener Univer­si­täten entschied sich Maria für das King’s College London. Sie hatte den Eindruck, dass das KCL am besten zu ihren Bedürf­nissen passe, insbe­son­dere das Master-Programm Econo­mics and Poli­cies“. Ein beson­derer Aspekt des Programms – ein Modul mit der Möglich­keit eines Prak­ti­kums – gibt den Studie­renden die Chance, das im Unter­richt Gelernte in realen Situa­tionen anzu­wenden. Dieses Intern­ship Module“ sei für Maria ein entschei­dender Faktor bei der Wahl der Univer­sität.

Maria möchte zur Entwick­lung der Domi­ni­ka­ni­schen Repu­blik beitragen und plant, das während ihres Studiums erwor­bene Wissen und die gesam­melten Erfah­rungs­werte in ihrem Heimat­land einzu­setzen. I feel that the Domi­nican Repu­blic needs people with know­ledge and ambi­tion, and I feel like I can bring that back to my country“, erläu­tert sie. Sie ist der Auffas­sung, dass die Domi­ni­ka­ni­sche Repu­blik über beträcht­liche, bisher unge­nutzte Ressourcen und Möglich­keiten verfüge und dass sie nach ihrer Rück­kehr einen posi­tiven Wandel dort bewirken könne.

Die Univer­si­täten in der Domi­ni­ka­ni­schen Repu­blik und die in England unter­scheiden sich vor allem in Bezug auf die Quali­fi­ka­tionen des Lehr­per­so­nals und die Qualität der Studi­en­pro­gramme, so Maria: They don’t have as good programs as the univer­si­ties here.“ Am KCL könne sie in Kontakt mit Professor*innen mit fort­ge­schrit­tenen Abschlüssen von renom­mierten Insti­tu­tionen treten. Diese akade­mi­sche Erfah­rung schätzt sie sehr und betrachtet sie als einzig­artig für ihr derzei­tiges Studium in England.

Maria verfolgt eine klare Vision. Die einer fort­ge­schrit­tenen und fähigen Domi­ni­ka­ni­schen Repu­blik, in der ambi­tio­nierte und gebil­dete Menschen leben. Dafür steht sie ein und illus­triert mit ihrem Lebensweg ein Beispiel für progres­siven und libe­ralen Patrio­tismus.

Eine hoch­kom­plexe Welt besser verstehen – ein Deut­scher berichtet

Der aus Deutsch­land stam­mende Julian beschreibt London als einen exci­ting place to be“. Er schätzt die einzig­ar­tige Umge­bung. Studie­rende und Akademiker*innen aus verschie­denen Topuni­ver­si­täten – Univer­sity College London (UCL), KCL oder London School of Econo­mics (LSE) – und Fach­be­rei­chen kämen hier zusammen. Er stellt stau­nend fest: So many big univer­si­ties gathered around a rather short area.“ Die leben­dige Atmo­sphäre ermög­liche es ihm, Menschen aus der ganzen Welt zu treffen.

Julian entschied sich für das King’s College London, weil dort ein Master­stu­di­en­gang ange­boten werde, den es so in Deutsch­land nicht gebe. Er fühlte sich von London und den dort lebenden Menschen ange­zogen. I chose London because it’s a cool city – a cool vibe – kind of the perfect mixture of driven and very social people at the same time“. Es sei genau diese Mischung aus Ehrgeiz und Gesel­lig­keit, die die Stadt zum idealen Studi­enort für ihn mache.

Der Master­stu­di­en­gang Inter­na­tional Poli­tical Economy“ unter­sucht die globalen Verflech­tungen von Politik und Wirt­schaft, um zu verstehen, wie Welt­märkte funk­tio­nieren, wie Wohl­stand sich akku­mu­liert und wieder verteilt wird. Sein Ziel: To under­stand the world a little better“. Er muss jedoch ernüch­ternd aner­kennen, dass es unmög­lich sei. Zu komplex sei die heutige Welt. Dennoch erhofft er sich, to connect some loose ends“, um die globale Komple­xität und die globalen Systeme zumin­dest etwas mehr erfassen zu können.

Beson­deres Inter­esse zeigt Julian für das NATO Defence College“. Dort wolle er später einmal arbeiten. Es berate die NATO-Länder in Sicher­heits- und Vertei­di­gungs­stra­te­gien. They develop futu­ristic scena­rios, for example What does Germany look like in 2025“, erklärt er. Basie­rend auf diesen Szena­rien und Analysen würden sie Empfeh­lungen on how to invest in secu­rity or defence“ für die NATO-Länder bereit­stellen, führt Julian aus.

Julian ist ein Mensch der Philo­so­phie und der großen Fragen. Seine inhä­rente Bestre­bung, die Welt trotz ihrer Komple­xität ein wenig besser zu verstehen, vermit­telt ihm Sicher­heit. Es prägt sein Wesen bezüg­lich Karriere und Ambi­tionen.


Dieser Artikel ist im Rahmen der offenen Redak­tion entstanden. Bei Fragen, Anre­gungen, Kritik und wenn ihr selbst mitma­chen mögt, schreibt uns eine Mail an redaktion@​jugendpresse.​de 


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