Aufbruch ins Unge­wisse

Datum
07. Mai 2019
Autor*in
Felicitas Montag
Redaktion
politikorange
Thema
#WozuEU 2019
alexander-andrews-1463734-unsplash

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Am 23. Mai 2016 stimmten 52 Prozent der Bürge­rinnen und Bürger des Verei­nigten König­rei­ches für den Brexit. Am 29. März 2019 sollte er in Kraft treten. Doch fast drei Jahre nach dem Refe­rendum sind die Britinnen und Briten immer noch Mitglied der Euro­päi­schen Union. In drei Wochen steht die Euro­pa­wahl an und Groß­bri­tan­nien ist recht­lich zu einer Teil­nahme verpflichtet. Poli­ti­ko­range-Redak­teurin Marieke Arendt geht der Frage nach, welche Auswir­kungen die briti­sche Teil­nahme an der Euro­pa­wahl 2019 auf den Brexit haben könnte.

Eine Chance auf ein zweites Refe­rendum Brexit-Gegne­rinnen und Gegner sehen in der kommenden Euro­pa­wahl eine Chance und hoffen auf ein zweites Refe­rendum. Unter ihnen befinden sich proeu­ro­päi­sche Parteien wie die neu gegrün­dete Change UK – The Inde­pen­dent Group“, die sich für einen Verbleib des Verei­nigten König­reichs in der EU einsetzt. Auch das Stim­mungs­bild in der briti­schen Bevöl­ke­rung zum Brexit hat sich verän­dert. Laut einer Umfrage des briti­schen Meinungs­for­schungs­in­sti­tuts YouGov, würden sich heute 46 Prozent gegen den Brexit entscheiden. Nur 39 Prozent würden sich für einen Austritt ausspre­chen und könnten sich daher bei einem Volks­ent­scheid, aufgrund des Mehr­heits­wahl­rechtes, nicht behaupten. In Groß­bri­tan­nien bereitet man sich nun auf die Euro­pa­wahlen vor. Christos Katsioulis, Leiter des Landes­büros der Fried­rich-Ebert-Stif­tung in London, geht davon aus, dass viele Britinnen und Briten von ihrem Wahl­recht Gebrauch machen werden: Ich glaube wir werden eine para­doxe Situa­tion haben, wobei die Wahl­be­tei­li­gung in Groß­bri­tan­nien höher sein wird als im Rest der EU. Viele Britinnen und Briten werden durch diese Wahlen die Chance erhalten, sich zum Brexit zu äußern.“ Doch kann die Euro­pa­wahl den Brexit wirk­lich stoppen? Bislang zeigte die briti­sche Regie­rung wenig Bereit­schaft, ihren Kurs zu ändern. Außerdem ist weiterhin unklar, wie der Brexit aussehen wird. Mit dem zuneh­menden Stim­mungs­wandel wird die Spal­tung des Landes in Bezug auf den EU-Ausstieg deut­lich. Die Euro­pa­wahl könnte Klar­heit schaffen. Sie könnte die Bürge­rinnen und Bürger erneut auf die Vorteile der Euro­päi­schen Union aufmerksam machen. Dadurch würde sich das Stim­mungs­bild mit hoher Wahr­schein­lich­keit weiter in Rich­tung Brexit-Stopp verschieben. Auch Sven Giegold, Spit­zen­kan­didat der Grünen für die Euro­pa­wahlen, hofft, dass durch die Wahlen eine posi­tive Dynamik weg vom Brexit entsteht“, wie er in einem Inter­view mit dem Deutsch­land­funk erzählt. Er rechnet damit, dass eine Teil­nahme Groß­bri­tan­niens zu einer Mobi­li­sie­rung der Pro-Euro­päer auf der Insel“ führe. Brexit als Unru­he­stifter im Euro­päi­schen Parla­ment Kriti­ke­rinnen und Kritiker hingegen meinen, dass die briti­sche Teil­nahme an den Wahlen ein Hindernis darstellt und das Funk­tio­nieren des Euro­päi­schen Parla­ments stark beein­träch­tigen könnte. Sollte Groß­bri­tan­nien bis zum 22. Mai nicht aus der EU austreten, muss das Verei­nigte König­reich an der Euro­pa­wahl teil­nehmen. Dies belegt ein Rechts­gut­achten des Euro­päi­schen Parla­mentes: Sollte das Verei­nigte König­reich in der Zeit der Euro­pa­wahlen noch Mitglied der EU sein, hätte es die Pflicht, Wahlen abzu­halten, um vor der Einset­zung des Parla­ments Abge­ord­nete zu bestimmen.“ Eine Betei­li­gung an der Wahl würde auch bedeuten, dass die 73 freien Sitze im EU- Parla­ment nun doch an die Briten gehen. Eigent­lich war eine Auftei­lung der Mandate auf bisher unter­re­prä­sen­tierte Länder, wie zum Beispiel Spanien vorge­sehen. Folg­lich könnte sich der erneute Kurs­wechsel erheb­lich auf spätere Parla­ments­ab­stim­mungen auswirken. Brexit-Befür­worter Nigel Farage erhofft sich von der Euro­pa­wahl ein großes Come­back. Der Gründer der neuen Brexit-Partei hatte schon bei den letzten Wahlen im Jahr 2014 für Furore gesorgt. Seine dama­lige Partei Ukip erreichte 27 Prozent der Stimmen und war dadurch am stärksten vertreten. Farage wird auch bei den kommenden Wahlen versu­chen, viele Bürge­rinnen und Bürger für sich zu begeis­tern und weiterhin seine EU-Hass­bot­schaften verbreiten. Eine unge­wisse Zukunft Viele Parteien bereiten sich nun schon intern auf die anste­henden Wahl­kam­pa­gnen vor. Die briti­sche Premier­mi­nis­terin Theresa May versucht indes weiterhin, die Wahl­teil­nahme zu verhin­dern. Demnach sollen die Parteien Wahl­kam­pa­gnen durch­führen, ohne die Gewiss­heit, ob die Arbeit später nicht doch umsonst sein wird. Ein Spiel, welches nicht alle mitma­chen möchten. Viele Briten und Britinnen sehen in der Euro­pa­wahl eine Verschwen­dung von Geld und Zeit. Die Angst, der Brexit würde Groß­bri­tan­nien in den Ruin treiben, wird immer größer. Eine unge­wisse Zukunft steht den Bürge­rinnen und Bürgern des Verei­nigten König­rei­ches bevor, denn niemand weiß, wie lange das Brexit-Chaos noch andauern wird. Beson­ders in den Reihen des Euro­päi­schen Parla­mentes steht den Abge­ord­net­innen und Abge­ord­neten eines ins Gesicht geschrieben: Fassungs­lo­sig­keit.

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